Gibt es das Innenministeriums-Modell zur Arbeitspflicht für Asylwerbende – oder nicht?

Der oberösterreichische ÖVP-Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer will Asylwerbende zu gemeinnützigen Hilfstätigkeiten verpflichten. Ob dafür ein konkretes Modell des Innenministeriums vorliegt, blieb bis jetzt unklar. Ein Faktencheck.

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Weder wurde den Bundesländern eine Diskussionsunterlage [zu einem „Modell zur Ausdehnung des Einsatzes von Asylwerbenden zu gemeinnütziger Arbeit“] übergeben, noch war dies Tagesordnungspunkt der Konferenz.

Sara Schaar, Vorsitzende der Konferenz der Flüchtlingsreferent:innen und Landesrätin in Kärnten

in einer Aussendung

Größtenteils richtig

Vergangene Woche tagte im Innenministerium die Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz. Danach war man sich aber offenbar uneins, was in der Konferenz tatsächlich besprochen wurde. 

Der oberösterreichische ÖVP-Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer, der schon im September seinen Vorschlag, Asylwerbende zu gemeinnützigen Hilfstätigkeiten zu verpflichten, präsentierte, sah danach grünes Licht für seine Idee; Medien berichteten über ein entsprechendes Modell des Innenministeriums. In manchen roten Bundesländern wollte man indes gar keinen Vorschlag in der Sitzung gehört haben. 

Der in Wien für Integration zuständige Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) gab gegenüber der APA an, dass das Ministerium keinen Vorschlag präsentiert habe und nur über die Möglichkeit der Kürzung des Taschengeldes gesprochen wurde. Auch die in Kärnten zuständige SPÖ-Landesrätin, Sara Schaar, kritisierte via Aussendung: Weder wurde ein Modell zur Ausdehnung des Einsatzes von Asylwerbenden zu gemeinnütziger Arbeit präsentiert, noch war dies Tagesordnungspunkt in der Konferenz. Karner habe von einem Arbeitsmodell gesprochen, ohne jedoch auf konkrete Inhalte einzugehen. Ähnlich tönt es aus Salzburg: „Die Frage der Arbeitsverpflichtung wurde bei der Konferenz zwar besprochen, aber noch nicht formal behandelt“, so FPÖ-Regierungskoordinator Dom Kamper zur APA. 

Was davon stimmt? Gibt es nun ein Modell des Innenministeriums – oder nicht? 

profil liegt das Protokoll der Konferenz vor. Tatsächlich ist darin kein entsprechender Tagesordnungspunkt zu einem konkreten Arbeitsmodell vermerkt, wie Landesrätin Schaar richtigerweise anführt. Der Innenminister habe jedoch am Anfang der Konferenz unter anderem über mögliche Kürzungen des Taschengeldes für Asylwerber:innen referiert, wie sowohl das Innenministerium als auch das Büro von Stadtrat Peter Hacker bestätigen. 

In Wien sieht man die angeführten Punkte allerdings nicht zwingend in Verbindung mit der Pflicht zur gemeinnützigen Arbeit. Es sei lediglich über eine generelle Möglichkeit der Reduktion des Taschengeldes oder eine Umstellung von Geld- auf Sachleistungen gesprochen worden – und das eher zurückhaltend. „Landesrat Hattmannsdorfer biegt sich seine eigene Schlussfolgerung zurecht“, heißt es aus dem Büro des Stadtrates Hacker. 

Das Büro des oberösterreichischen Landesrats entgegnet dem: Karner hätte direkt auf einen Antrag Bezug genommen, der im September einstimmig in der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz angenommen wurde, und der festhält, dass das Innenministerium die Rechtslage bezüglich einer möglichen Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit prüfen solle.

Auch dieser Antrag liegt profil vor: Darin ersucht die Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz den Innenminister um Prüfung, „ob gemeinnützige Hilfs- oder Remunerationstätigkeiten bzw. soziale Dienste verpflichtend normiert werden können.“ Der Leistungskatalog für gemeinnützige Hilfstätigkeiten soll zudem evaluiert und gegebenenfalls ausgeweitet werden, so der Antrag. Bei der Konferenz im Herbst waren allerdings nur Vertreter:innen aus fünf von neun Bundesländern anwesend, auch Wien fehlte. 

Das Innenministerium bestätigt auf profil-Anfrage, dass den Ländern eingangs die Ergebnisse ebenjener Prüfung präsentiert wurden: Sie können Vorschläge wie eine Halbierung des Taschengeldes nach eigenem Ermessen umsetzen, da aus Sicht des Innenministeriums keine Anpassung der bestehenden 15a-Vereinbarung, die die gemeinsamen Grundversorgungs-Maßnahmen von Bund und Ländern regelt, notwendig ist. Die Bundesländer sollen nun selbst bewerten, ob landesgesetzliche Bestimmungen betroffen seien. 

Das Ministerium spielt den Ball also zurück an die Länder – und sich selbst aus der Verantwortung für das rechtlich heikle Vorhaben. Hattmannsdorfer hat bereits angekündigt, in Oberösterreich ein eigenes Modell ausarbeiten zu wollen. Ob dieses dann rechtlich hält, ist umstritten. Verfassungsjurist Heinz Mayer meinte zuletzt im ORF-Interview: „Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte spricht vom Selbstbestimmungsrecht des Menschen, in das nicht eingegriffen werden darf durch eine solche Tätigkeit. Bei diesem Ausmaß der Kürzung ist es sicherlich eine Zwangsarbeit.“

Fazit

Fest steht in jedem Fall, dass in der Landesflüchtlingsreferent:innenkonferenz kein konkretes „Modell zur Ausdehnung des Einsatzes von Asylwerbenden zu gemeinnütziger Arbeit“ präsentiert wurde und dies auch keinen Tagesordnungspunkt der Konferenz darstellte. Innenminister Karner hat jedoch mögliche Vorschläge wie die Reduktion des Taschengeldes präsentiert, die die Länder nun nach eigenem Ermessen umsetzen können sollen. Die Aussage von Landesrätin Schaar ist somit größtenteils richtig.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.