Aus der Redaktion

Wer an seine Eltern denkt, denkt immer auch ein wenig an sich selbst.

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Die Menschen, die einen einst machten, machen einen aus – mal mehr, mal weniger, mal unmittelbar, mal indirekt. Und dann merkt man auf einmal, dass die Eltern nicht mehr so sind, wie sie immer waren: nicht mehr so stark, nicht mehr so sicher, nicht mehr so gesund. Sie sind ganz einfach alt geworden. Spätestens in diesem Moment muss man als Kind endgültig erwachsen werden und Verantwortung für jene übernehmen, die früher, in den entscheidenden Jahren des eigenen Lebens, noch für einen selbst verantwortlich waren.

Was diese fundamentale und oft auch dramatische Schubumkehr innerhalb der Familie bei den Betroffenen auslöst, schildern Irina Angerer und Sebastian Hofer in der aktuellen Coverstory. Sie konzentrieren sich dabei auf drei Fallgeschichten, die einerseits von ihrer Besonderheit leben, andererseits aber auch prototypisch genug sind, um die gesellschaftspolitische Tragweite des Phänomens abzu­bilden. Denn es gibt Abertausende solcher Geschichten, und früher oder später sind wir alle, ausnahmslos alle ganz unmittelbar damit konfrontiert.

Auch Edith Meinhart beschäftigt sich diese Woche mit einer Familiengeschichte, deren spezifische Dramatik jedoch einen völlig anderen Hintergrund hat. Es geht um den verzweifelten Kampf einer Grazer Mutter um die Heimkehr ihrer 18-jährigen Tochter, die sich vor zwei Jahren der Terrormiliz IS in Syrien anschloss und nun als Gefangene in einem von Kurden kontrollierten Lager sitzt. Die junge Dschihadistin hat mittlerweile selbst ein Kind. An die Frage, wie man Verantwortung übernimmt – nicht nur über das eigene Leben –, dürfte sie bisher kaum einen Gedanken verschwendet haben.

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