#brodnig: Oscars Retter

Das Internet hat auch schöne Seiten: etwa die Hilfsbereitschaft von Fremden.

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Was mich immer wieder beeindruckt, ist die Wohltätigkeit wildfremder Menschen im Internet. Auf der Crowdfunding-Plattform GoFundMe kann man zum Beispiel um Spenden bitten: Aktuell sucht dort Userin Hannah H. aus Wien um Hilfe für ihren Kater an. Man sieht ein gemütlich schlafendes, getigertes Tier. Im Text dazu heißt es: "Vergangene Nacht ereignete sich ein schrecklicher Unfall. Unser geliebter, ein Jahr junger Kater Oscar verlor das Gleichgewicht und stürzte aus dem 3. Stock in die Tiefe. () Zwei gebrochene Pfoten und eine Lungenverletzung sind die Folgen des Sturzes." Um die Behandlungskosten für ihren Kater in der Höhe von 2000 Euro als Studentin bezahlen zu können, bittet Hannah H. um Hilfe. Das Ganze schaut insofern echt aus, als dass anscheinend auch Familienmitglieder auf Facebook um Hilfe bitten. Einige solcher Spendenaktionen gehen online unter, aber hier läuft der Aufruf bisher gut: In nur einem Tag kamen mehr als 1000 Euro zusammen, manche spenden 20 Euro, andere sogar einen Hunderter. Bei solchen Aktionen helfen Menschen teils sogar anonym, und man muss davon ausgehen, dass manche die betroffene Person gar nicht kennen: Sie lassen sich einfach so für eine gute Sache einspannen. Solche User kann man "gute Samariter" nennen.

Von Online-Enzyklopädien bis zu Hauskatzen: Viele Menschen tun im Web viel Gutes - teilweise sogar anonym.

Diesen Begriff habe ich einer Studie der University of Dartmouth entnommen. In dieser ging es nicht um Geld, sondern um Wikipedia: Die Forscher haben vor einigen Jahren Artikel der Enzyklopädie ausgewertet und gesehen, dass besonders qualitätsvolle Texte oft von anonymen Usern stammen, die nur ab und zu Beiträge schreiben und sich gar keinen Usernamen zulegen. Die Wissenschafter nannten diese Nutzer "gute Samariter". Sie spenden zwar kein Geld, aber Zeit und Aufmerksamkeit - und verbessern Wikipedia.

Von Online-Enzyklopädien bis zu Hauskatzen: Viele Menschen tun im Web viel Gutes - teilweise sogar anonym. Das vergisst man allzu leicht, gerade in Zeiten von Falschmeldungen und Hasskommentaren. Im Netz können wir nicht nur die dunklen Seiten der Menschheit sehen. Wenn wir ganz genau hinblicken, sehen wir auch das Schöne.

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

ist Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.