Kolumne

#brodnig: Rache statt Aufklärung

Anstelle von "Versöhnung" kann nach der Corona-Pandemie auch das Gegenteil passieren.

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Ich habe neulich ein paar kluge Sätze der deutschen Psychologin Pia Lamberty gelesen. Sie schrieb auf Instagram: "Aktuell befinden wir uns in einer beginnenden Phase der Aufarbeitung der Pandemie. Diese Phase kann sehr lehrreich und wichtig sein, um für zukünftige Krisen besser gewappnet zu sein. Gleichzeitig kann die Phase der Aufarbeitung der Pandemie aber auch genutzt werden, um gegen Wissenschaft zu hetzen und auf populistische Weise die Maßnahmen insgesamt infrage zu stellen. Auch das verschwörungsideologische Milieu nutzt die Phase der Aufarbeitung, um gegen all jene zu hetzen, die sich in der Pandemie engagiert haben, und Rachefantasien zu verbreiten." Ich halte das für eine wichtige Überlegung: Es wäre schön, wenn wir nüchtern und faktenbasiert als Gesellschaft die Pandemie aufarbeiten-dabei auch versuchen, positive Lehren für die Zukunft zu ziehen. Aber es gibt die Gefahr, dass rückblickend auf die schwierigsten Zeiten der Pandemie grobe Fehlschlüsse gezogen werden, zum Beispiel, dass Impfungen schlechtgeredet werden, obwohl diese lebensrettend sind (das gilt auch für die Corona-Impfung).

Ebenso vermisse ich die gesamtgesellschaftliche Dankbarkeit gegenüber dem medizinischen Personal, dessen Bedeutung in der Pandemie umso sichtbarer wurde und welches viel für uns leisten musste, teils dafür aber angefeindet oder sogar bedroht wurde. Das Wort "Rachefantasie", das Lamberty verwendet, gibt mir zu denken. Denn noch immer ist ein Teil der Rhetorik (nicht nur in einschlägigen Telegram-Gruppen) brachial. Der FPÖ-Politiker postete vor der Niederösterreich-Wahl: "Die Corona-Politik von Johanna Mikl-Leitner hat verbrannte Erde hinterlassen. Impfterror, Maskenzwang und Corona-Regime. Dank eurer Unterstützung haben wir die Fesseln gesprengt. Jetzt kommt die Zeit der Abrechnung. Deine Stimme bringt die Veränderung." Mittlerweile hat Landbauer als Koalitionspartner ausverhandelt, dass Niederösterreich nicht einmal mehr für eine Impfung, die in vielen Fällen Leben rettet und Krankenhausaufenthalte verhindert, wirbt. Die Zeilen der deutschen Psychologin Lamberty sollten wir uns in Österreich durch den Kopf gehen lassen-weil die Gefahr besteht, dass bei uns keine Aufarbeitung der Pandemie stattfindet, sondern einseitige Appeasement-Politik gegenüber einer offensichtlich weiterhin sehr wütenden Minderheit.

Teure KI

Eine beliebte künstliche Intelligenz (KI),mit der man Bilder erstellen kann, ist Stable Diffusion-dahinter steckt das Unternehmen Stability AI. Dieses hat erst vergangenen Herbst 101 Millionen US-Dollar (umgerechnet rund 93 Millionen Euro) an zusätzlicher Finanzierung aufgestellt. Doch anscheinend reicht auch diese Summe nicht: Das Onlinemedium "Semafor" berichtet, dass bereits ein großer Teil des Geldes aus dieser Finanzierungsrunde verbraucht sei. Ein Aspekt hierbei ist natürlich, dass es kostspielig ist, hochwertige Anwendungen der künstlichen Intelligenz zu entwickeln. Laut dem Bericht gibt es aber auch Kritik an Unternehmenschef Emad Mostaque, der angeblich seinen Forschenden oft freie Hand mit wenig finanzieller Aufsicht überlassen soll.

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

ist Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.