Ingrid Brodnig
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iPhone-Benutzer: Unter Generalverdacht

Mit umstrittenen Ideen zeigte Apple, wie gefährdet die eigene Privatsphäre in Zeiten von Smartphones ist.

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Häufig brüstet sich Apple damit, die Privatsphäre seiner Kunden besonders zu schützen. Zum Beispiel hat das Unternehmen im Jahr 2019 in Las Vegas auf einem Werbeplakat versprochen: „What happens on your iPhone, stays on your iPhone.“ Der Satz spielt natürlich auf das Sprichwort  „What happens in Vegas, stays in Vegas“ an und soll Konsumentinnen und Konsumenten zeigen: Was auf deinem iPhone passiert, ist nur für dich selbst einsehbar.

Umso größer war der Aufschrei, als Apple vor ein paar Wochen einige neue Funktionen ankündigte, mit denen der Konzern Pädophile ausforschen möchte. Zum Beispiel gab Apple bekannt, in den USA künftig die Handy-Fotos der iPhone- und iPad-Benutzer durchleuchten zu wollen: Wer seine Bilder in der iCloud abgespeichert hat (was standardmäßig der Fall ist), dessen Aufnahmen sollen automatisch gescannt und mit einer Datenbank mit kinderpornografischem Material abgeglichen werden.

So will Apple erkennen, ob jemand Kinderporno-Szenen auf dem Smartphone hat. Natürlich ist es gut, sich gegen Kinderpornografie einzusetzen. Nur ist solche Software invasiv: Es werden ja nicht nur die Handyfotos von Leuten ausgewertet, bei denen bereits der Verdacht auf Kinderporno-Konsum existiert. Derartige Software entspricht einem Generalverdacht: Apple wollte sich das Recht herausnehmen, einfach alle Fotos seiner Kunden, die als Sicherungskopie online gelagert wurden, zu untersuchen.

Eine Gefahr bei solchen Scan-Funktionen ist auch, dass sie Überwachungsgelüste wecken und Staaten (von demokratischen bis diktatorischen) dann von Apple verlangen könnten, die gespeicherten Fotos auch nach anderen Kriterien zu durchleuchten. Das Unternehmen betont, solche Begehren ablehnen zu wollen.

Nach einiger Kritik ruderte Apple nun aber zurück: Man wolle sich mehr Zeit nehmen, ehe man solche Funktionen einführe. Diese Reaktion ist gut, doch trotzdem ist ein Schaden entstanden. Zum einen hat Apple sein eigenes Image als datenschutzaffiner Konzern beschädigt.

Zum anderen beschreibt es der Journalist Conor Friedersdorf im Magazin „The Atlantic“ treffend: „Apple hat wirkungsvoll jeder Regierung der Welt gezeigt: Wir haben die technische Kapazität, oder wir können sie entwickeln, alle iPhones auf alles Mögliche zu durchsuchen …“ Was auf dem eigenen iPhone passiert, ist womöglich doch einsehbarer, als es den Nutzern versprochen wurde.  

Ingrid   Brodnig

Ingrid Brodnig

ist Kolumnistin des Nachrichtenmagazin profil. Ihr Schwerpunkt ist die Digitalisierung und wie sich diese auf uns alle auswirkt.