Im falschen Film

Burgtheater-Affäre: Mit Hartmanns Entlassung ist der Fall noch keineswegs abgeschlossen

Burgtheater. Mit Hartmanns Entlassung ist die Affäre noch keineswegs abgeschlossen

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Gut möglich, dass sich der heute von Kunstminister Josef Ostermayer entlassene Burg-Direktor Matthias Hartmann tatsächlich bis zuletzt als Opfer sah. Noch vergangenen Freitag wurde er nicht müde zu betonen, welch ein Gewinn er für das Burgtheater im Grund sei. Hartmann tat, was er immer machte, wenn er sich in die Enge getrieben fühlte: Er ging in die Offensive, beschuldigte etwa seinen Vorgänger Nikolaus Bachler, am Burg-Defizit die Hauptschuld zu tragen, und gab den strahlenden Helden, der die Zuschauerzahlen massiv in die Höhe geschraubt habe. Hartmanns Verteidigungsstrategie war nicht frei von Widersprüchen: Schossen die von ihm Beschuldigten genauso scharf zurück oder vermeldeten die Medien Unliebsames, gab sich der streitbare Burg-Chef persönlich "tief betroffen von den öffentlichen Anfeindungen". Seltsam, dass jemand, der so gern austeilt, so wenig einstecken kann. Aber vielleicht gehört genau das zum schwer zu fassenden Paradoxon Hartmann: Er genießt es, sich als Macher zu verkaufen, möchte im Zweifelsfall aber eigentlich nur Regisseur sein. Der Künstler als Kaufmann als Künstler.

Dass Hartmann allein Kraft seines Amtes auf jeden Fall eine Mitverantwortung an der Finanzmisere des Burgtheaters zu tragen habe, wollte er partout nicht einsehen. Sein bisheriges Karrieremotto, forsch voranzupreschen, nur keine Schwäche zu zeigen, hatte schließlich immer gut funktioniert. Und wenn man alles nur lange genug schönredet, wird es irgendwann auch schön werden. Ausgerechnet im biegsamen Wien stieß dieses System nun an seine Grenzen.

Noch am Montag wollte Hartmann in einer Art Torschlusspanik die Flucht nach vorn antreten, um zumindest seine künstlerische Position zu retten. Er bot an, sein Amt als Geschäftsführer "bis zur Klärung aller Sachverhalte ruhen" zu lassen und sich vorerst ganz aufs Regiemachen zu verlegen. Im Grunde eine absurde Idee, denn genau das wird dem Burg-Chef ja vorgeworfen: dass er sich nur als Künstler sah und eben nicht als Kaufmann. Hartmann muss allerdings geahnt haben, dass es in der von Ostermayer für Dienstag einberufenen Aufsichtsratssitzung schlecht für ihn ausgehen würde.

Hartmann will gegen seine Entlassung klagen
Trotzdem ist mit der Entlassung von Matthias Hartmann der Krimi um die Burg noch lange nicht zu Ende. Ostermayer erklärte, dass es sich um eine fristlose Kündigung handle und Hartmann das Theater nicht mehr betreten dürfe. Was jedoch mit Hartmanns noch offenen Regiearbeiten, wie etwa seinem ersten eigenen Stück "Der falsche Film" (geplante Premiere: 6. April), geschehe, konnte er nicht beantworten. Auch die Angaben darüber, was Hartmann konkret vorgeworfen wird, blieben reichlich nebulös. Zwei Rechtsgutachten hätten gezeigt, dass Mängel im Rechnungswesen und im Kontrollsystem über mehrere Jahre hinweg nicht behoben worden seien. Hartmann sei als künstlerischer Direktor jedenfalls auch für die Geschäftsführung mitverantwortlich gewesen. Um das festzustellen, hätte man allerdings keine Gutachten einholen müssen – das steht im Bundestheatergesetz. Im Klartext bedeutete es allerdings eine Entlastung von Holding-Chef Georg Springer: Hartmann hätte im Alltag, direkt im Burgtheater, mehr mitbekommen müssen als der von außen für die Kontrolle zuständige Springer, der trotzdem die Konsequenzen zog und seinen Rückzug aus allen Holding-Aufsichtsräten bekannt gab.

Der Fall ist damit jedoch keineswegs abgeschlossen: Hartmann will gegen seine Entlassung klagen. Es werden womöglich noch mehr konkrete Vorwürfe gegen Hartmann ans Licht kommen, denn Ostermayer ließ kaum Zweifel daran, dass der Ex-Burg-Chef wenig Chancen haben werde, gegen die Entlassung anzugehen. Und ab sofort beginnt auch das Rätselraten darüber, wer die interimistische Leitung des Burgtheaters übernehmen wird. In einigen Theatern werden in diesen Stunden wohl schon eifrig Bewerbungsschreiben verfasst.

Karin   Cerny

Karin Cerny