Entenbrust mit geschmorten Weißkrautnudeln

eatdrink: Nachschlag im Wörtherbuch

Küchenklassiker: Krautfleckerl aus dem Paradies.

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Jetzt ist der Druck zu groß geworden, heute fliegt der Deckel vom Topf! In all den Jahren, in denen hier der Herd angeworfen wurde, gab es noch nie Krautfleckerl - eigentlich unglaublich. Ich könnte jetzt glatt behaupten, meine Krautfleckerl seien die besten der Welt, und auf die Frage nach ihrem Geheimnis antworten: Weil ich sie hier noch nie gekocht habe. Soll mir doch wer das Gegenteil beweisen. Damit hätte ich zumindest bewiesen, dass ich meine "Tante Jolesch" sehr wohl gelesen habe, deren Fleckerl so unvergleichlich waren, weil sie nie genug davon gemacht hat. Nachschlag? Keine Chance!

Das Rezept für meine Fleckerl, gestehe ich gleich ein, ist nicht von mir. Ich schlage es in einem Kochbuch nach, das heuer vor 20 Jahren erschienen ist, und die Fleckerl darin heißen nicht einmal Krautfleckerl, sondern "geschmorte Weißkrautnudeln". Gleichwohl sind sie die totale Verdichtung dessen, was Krautfleckerl ausmachen: die aromatische Feinwaage zwischen süß und säuerlich, von mildem Schmelz und herber Würze, im Biss knackig und elastisch, darüber hinaus sich selbst genügend als vegetarisches Gericht, aber auch wunderbar kompatibel mit all den fleischlichen Genüssen, die der Herbst bereithält. Krautfleckerl sind der Inbegriff von glücklich machendem Soulfood.

Simples Paradies

Das Buch mit dem Rezept heißt "Wörtherbuch" und stammt aus der Feder von Jörg Wörther, dem Merlin der österreichischen Küche des 20. Jahrhunderts, der es versteht, mit wenigen genialen Einfällen aus einem simplen Teller Hausmannskost ein Gericht zu zaubern, dessen Verzehr paradiesische Zustände herstellt. Mein Exemplar weist, ich führe das immer als Kompliment an, reichlich Flecken auf. Die meisten sind Krautflecken; ich lege den Band nämlich immer aufgeschlagen bereit, wenn ich Krautfleckerl mache, obwohl das Rezept so reduziert, verdichtet ist, dass ich es längst schon auswendig können müsste. Da sind kein Paprikapulver und kein Speck drin, und schon gar keine Zwiebel. Als Teigware empfiehlt Wörther breite Bandnudeln statt der viel zu dicken klassischen Fleckerl, die es überall zu kaufen gibt. Recht hat er. Im Prinzip geht es um die aromatische Trinität Karamell, Essig und Majoran.

Diese Weißkrautnudeln gibt es übrigens zu einer zart geschmorten Entenbrust, deren Würzsud Jörg Wörthers feines Gespür für den reinen runden Wohlgeschmack zeigt. Er fügt Pilzabschnitte (ich verwende getrocknete Steinpilze), kleine weiße Rüben und Wacholder bei - auch eine geniale Trinität.

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