Sushi-Kollektion im Benkei

eatdrink von Klaus Kamolz: Bei Anruf Uni

Der auferstandene Japaner "Benkei" hat nur eine Achillesferse.

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Unter den Japanern, die um die Jahrtausendwende in Wien aus dem Boden schossen wie Shiitake-Pilze aus dem Holzsubstrat, war das Restaurant "Benkei" immer ein Ruhepol und ein Hort der Klassik. Mögen anderswo Sushi gerollt worden sein, deren Reisfundamente sich das gesamte Nahrungsspektrum des Homo sapiens aufbürden lassen mussten, um nur ja kreativ genug zu sein -im "Benkei" gab es den Nigiri-Kanon mit Ikura (Lachskaviar), Ebi (Shrimps), Unagi (gegrillter Aal) oder Saba (Makrele). Im "Benkei" gab es Sashimi in orthodoxer Zusammenstellung, und das alles in außerordentlicher Qualität. Die Küche war sozusagen kulinarisch abgesichert gegen Kritik, denn nicht einmal ein etwas abgewohntes Ambiente, eine lächerliche Weinauswahl und gelegentlich mangelnde Verfügbarkeit der beliebtesten Speisen konnten den "Gault Millau", der dem "Benkei" drohend "die Rute ins Fenster" stellte, dazu bewegen, dem Restaurant die Haube zu entziehen; schließlich geht es ja auch ums Essen. Für die verstecktesten, winzigsten und spartanisch ausgestatteten Sushi-Buden Tokios rückt der "Guide Michelin" ja auch Sterne heraus.

Das "Benkei" unterschied sich aber noch in anderer Hinsicht von den Szene- und Kreativjapanern. Während die ihr Programm in seelenloser, gleichwohl professioneller Service-Qualität abspulten, war es im Vergleich dazu ein altes Wiener Beisl, in dem die Wirtsleute auch mal auf einen Plausch mit Stammgästen an den Tisch kamen oder Novizen die japanische Küche erklärten. Die Senior-Chefin der Betreiberfamilie Chang tat das gerne, vor einiger Zeit aber verstarb sie - das "Benkei" schloss.

"Benkeis Achillesferse"

Jetzt hat es in derselben Gasse, im "Ungargassenland" (Ingeborg Bachmann), wieder aufgesperrt, als einstiger Pionier der Japaner in Wien sinnigerweise neben dem "Gasthaus Seidl", das seinerseits Pionierarbeit in der Kategorie gehobene Beislküche mit lässiger Weinkarte leistete. Die heimatlose "Benkei"-Familie freut sich darüber sichtlich. Immer wieder schneien Gäste von früher herein, begrüßen die jungen Changs und bestellen erleichtert, was sie früher auch bestellten. Und da taucht wieder das alte Problem auf: Viel, eigentlich zu viel, ist nicht vorhanden. Das ist der in Japan sprichwörtliche Benkei no-nakidokoro, was "Benkeis Achillesferse" bedeutet; der Namensgeber des Restaurants war nämlich ein Kriegermönch des 12. Jahrhunderts, der nur über seinen schwachen Punkt, eben den Benkei no-nakidokoro, besiegt werden konnte.

Nun gut, wie wäre mir nach den Hamachi-Nigiri gewesen mit ihrem köstlich schmelzenden Gelbschwanzmakrelenfett, und wie gerne hätte ich ein oder zwei nach Ozean bei Regen duftende Uni, die Nigiri mit Seeigel, verdrückt Allein, die gibt's nicht. Und auch der Klassiker des Hauses, der in Miso gegrillte Heilbutt Miso Yaki, ist ein leeres Versprechen auf der Speisekarte.

Aber es gibt Auswege, wunderbare Auswege. An der Qualität der Sashimi und Sushi hat sich nichts geändert, und Tempura Moriawase mit gebackenen Garnelen, Süßkartoffeln, Jungzwiebeln und Wurzelgemüse - dazu die Tempura-Sauce Tentsuyu - ist schlicht und einfach ein Vergnügen. Das nicht vorrätige Miso Yaki wird an diesem Abend durch Ika No Sugata Yaki ersetzt, auf dieselbe Art wie Miso Yaki gegrillte Calamari. Schlecht? Nein, wirklich nicht.

Wir ersuchen also höflichst, wie es der fernöstlichen Kultur geziemt, um eine kleine, feine Weinauswahl oder zumindest eine Bring-your-bottle-Lösung mit Stoppelgeld. Und um eine Online-Speisekarte, aus der man vorweg etwas bestellen kann, das dann auch vorhanden sein wird. Anruf genügt, sagt die Chefin.

Benkei Ungargasse 65,1030 Wien Tel.: 01/718 18 88 So geschlossen Sushi: 2,50 bis 7 Euro, Hauptgerichte: 12 bis 18 Euro