Autorin Doris Knecht sitzt an einem Tisch des Wiener Lokals Lokanta Oase
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Ein Gang mit … Doris Knecht

Doris Knecht schreibt ziemlich erfolgreiche Romane, trotzdem hat sie das Gefühl, dass vielleicht noch etwas mehr Respekt dafür da sein sollte. Nicht ganz zu Unrecht übrigens. Eine kurze Pause am Brunnenmarkt.

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Doris Knecht sitzt gleich neben der Bar, und das wahrscheinlich nicht ohne Grund. Von ihrem Platz aus hat sie nämlich alles im Blick: den Eingang links, den Fernseher rechts – und vor allem sieht sie durch die großen Fenster bis hinaus auf den Brunnenmarkt. Sie kann also die Marktstandler beobachten, die Touristen, die Anrainer, sie sieht, wer kommt, wer geht, und zwar mit wem, wer sehr viel Tagesfreizeit hat und wer eher nicht. Würde irgendwas Ungewöhnliches passieren, dann wäre sie sofort im Bild – und jeder, der Doris Knecht ein bisschen kennt, weiß, dass ihr das nicht ganz unwichtig ist. Die Frau schreibt zwei Kolumnen wöchentlich und bringt mindestens alle zwei Jahre einen Roman heraus – Beobachtungen, Erlebnisse und Anekdoten kann man da immer als Input brauchen.

In der Literaturkritik gibt es immer noch das Denken: Das lesen vor allem Frauen, also kann es nicht hochwertig sein.

Doris Knecht

Wir haben uns in der „Lokanta Oase“ am Brunnenmarkt in Wien-Ottakring verabredet, das ist so etwas wie Knechts Homebase, sie wohnt gleich um die Ecke, und auch deshalb sitzt sie hier häufiger. Ein paar ihrer Kolumnen haben hier ihren Ausgang oder ihr Ende genommen, und auch in ihrem aktuellen Roman „Ja, nein, vielleicht“ kommt ein türkisches Restaurant vor, das der Oase nicht ganz unähnlich ist. „Es ist gemütlich beim Lieblingstürken“, schreibt Knecht da: „Nicht schön, aber gemütlich. Ledergepolsterte Stühle mit hohen Lehnen, Laminat-Tische, Fliesenboden. In jeder Ecke hängen unter der Ecke Bildschirme, auf denen lautlos dasselbe Musikvideoprogramm läuft.“ Knecht schreibt seit 15 Jahren Romane und seit 30 Jahren Kolumnen, Fiktion und Realität waren dabei immer schon kommunizierende Gefäße, weswegen Freundinnen und Freunde von Freundinnen ihre Texte schlauerweise immer mit einer gewissen ängstlichen Neugierde lesen, oder eben nicht, was in manchen Einzelfällen vielleicht auch wirklich besser ist. In ihrer Hochphase hatte Knecht sieben Kolumnen pro Woche, so viel kann normalerweise niemand erleben, und wenn doch, dann kommt er oder sie nur schwer dazu, es aufzuschreiben. „Heute frage ich mich oft, wie ich das damals geschafft habe, neben den Kindern und der Arbeit an den Büchern“, sagt Knecht jetzt. Und ehrlicherweise fragt sich das nicht nur sie.

Markus  Huber

Markus Huber

ist im Hauptberuf Herausgeber des Magazins „Fleisch“ und schreibt für profil alle zwei Wochen die Kolumne „Powerlunch“.