Fußball

Gesucht nach Franco Foda: ÖFB-Trainer zum Verlieben

Der ÖFB muss in den nächsten Tagen den perfekten Teamchef finden. Wer könnte passen, wer nicht – und wie sucht man den Richtigen überhaupt?

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Von Gerald Gossmann

Der neue Teamchef muss nicht zwangsläufig attraktiv, humorvoll oder Nichtraucher sein. Erfolg sollte er halt bringen, betont ÖFB-Präsident Gerhard Milletich gegenüber profil. Doch wie findet man so einen Erfolgsbringer? In den vergangenen 20 Jahren erwischte der Verband zielsicher die Falschen. Hans Krankl, Josef Hickersberger, Karel Brückner, Didi Constantini – viele schauderhafte Erinnerungen sind mit dem österreichischen Fußball verbunden. Nur der Schweizer Marcel Koller verursachte kurzzeitig Herzklopfen. Zuletzt war der ÖFB froh, die Beziehung mit dem sturen Franco Foda beenden zu können.

Erfolg sollte der Neue halt bringen, betont ÖFB-Präsident Gerhard Milletich.
 

Wie aber findet man den richtigen Teamchef?

Im modernen Fußball gibt es eine goldene Regel: Ehe man auf Brautschau geht, sollte man einen Blick auf die vorhandenen Spieler werfen und sich zwei Fragen stellen: Welcher Spielstil könnte passen? Und: Welcher Trainer beherrscht diesen? Der ÖFB hat Glück: Der mit Leistungsträgern aus Weltligen hochkarätig bestückte Kader ist homogen, die Teamkicker beherrschen mutigen Angriffsfußball. Die österreichische Nationalmannschaft habe „einen Riesenwettbewerbsvorteil“, betonte ein Trainer der Deutschen Bundesliga gegenüber profil: „Die meisten Spieler beherrschen hohes Pressing.“ Würde der ÖFB „inhaltlich an die Sache herangehen“, müsste man „einen Trainer finden, der den passenden Fußball spielt“.

Bei der Teamchef-Suche vor viereinhalb Jahren kramte Sportdirektor Peter Schöttel drei unterschiedliche Trainertypen hervor und überließ den ehrenamtlichen ÖFB-Funktionären die Wahl. So wurde den Spielern Franco Foda vor die Nase gesetzt, der lieber verteidigte statt anzugreifen. Lernt der Verband nun aus seinen Fehlern – und womit ist zu rechnen? profil stellt ein paar Teamchef-Optionen vor.

Der Favorit: Peter Stöger

Peter Stöger, 55, bringt die wichtigste Voraussetzung mit: Er ist derzeit ohne Trainer-Job. Und: Er will Teamchef werden. Der Mann hat zudem eine hervorragende Vita: Stöger trainierte den 1. FC Köln und Borussia Dortmund. In Österreich genießt er seitdem den Ruf eines Fußball-Weisen. 

Doch die Sache hat einen Haken: Stöger ließ seine Mannschaften ähnlich Fußball spielen wie der abgetretene Teamchef Foda – also „eher defensiv“, wie Ex-Teamspieler Florian Klein zuletzt auf „Servus TV“ betonte und dabei anmerkte, dass Stöger wohl nicht zur ÖFB-Auswahl passe. 

Stöger, der eigentlich nie Trainer werden wollte, konnte aus wenig viel machen: Mit der Wiener Austria holte er 2013 die Meisterschaft – vor Liga-Krösus Red Bull Salzburg. Und mit dem Außenseiter Köln schaffte er es in den Europacup. Einen Karriereknick bescherte ihm der Weltverein Dortmund, den er zwar in die Champions League führte, stilistisch aber nicht entwickeln konnte.

Stöger gilt als guter Rhetoriker: Der Mann hat es geschafft, einen deutschen Großklub kleinzureden – und dem verwöhnten Austria-Anhang (bei seiner Trainer-Rückkehr vor einem Jahr) weiszumachen, nicht stärker als Hartberg, Wattens oder Wolfsberg zu sein. Stöger versteht es, Pessimismus als Realismus zu verkaufen. Doch die Nationalmannschaft braucht einen Trainer, der sie besser macht. Blöderweise ist Stöger auch noch sein akribischer Assistent Manfred Schmid abhandengekommen (mit dem er seine großen Erfolge feierte und der derzeit die Wiener Austria aufpäppelt). Ohne Schmid sah der Trainer Stöger zuletzt alt aus. 

Der Job als Nationaltrainer sei „interessant“ für ihn, betonte Stöger in Fernsehinterviews. Aber man könne nicht sagen, „wir pressen oder verteidigen uns zu Tode, und deswegen werden wir Europameister“. Der Mann ist ein Pragmatiker, kein Visionär. Aufregender Offensivfußball ist unter ihm nicht zu erwarten. Immerhin: Stöger gilt als Menschenfänger. In der Branche ist er beliebt. Stögers Gerissenheit und sein Hang zum Kumpelhaften würden ihm in der Schlangengrube des ÖFB helfen. Als Trainer agierte der Ex-Teamspieler (ähnlich wie Jürgen Klinsmann) als umsichtiger Manager, der fehlende Kompetenzen zukaufte. Sprich: Taktisch würde er sich als Teamchef wohl Hilfe holen.

Der Passende: Ralf Rangnick

Ralf Rangnick, 63, (der sich laut „Kurier“ mit Sportdirektor Schöttel getroffen haben soll; der ÖFB dementierte) gilt international als Taktik-Genie. Er hat jene Spielweise entwickelt, die dem Großteil der österreichischen Teamspieler steht. Rangnick ist ein radikaler Vertreter des Offensiv-Pressings, also des Hauruck-Fußballs, der seit Jahren weltweit für Furore sorgt. Als Trainer sollte man wissen „wie du spielen willst“, betonte er bei einem Vortrag. „Damit meine ich nicht: ein bisschen hiervon, ein bisschen davon“. Ein bisschen Pressing sei „wie ein bisschen schwanger. Entweder spielst du Pressing, oder du lässt es bleiben.“

Als Kreativdirektor in Hoffenheim, Leipzig und Salzburg hatte Rangnick damit Erfolg. Er kennt viele heimische Kicker, hat manche von ihnen aufgezogen – und weiß, dass seine Idee von Fußball hier passen würde. Der Nachteil: Rangnick ist derzeit Berater und Aushilfstrainer beim Weltklub Manchester United in der englischen Premier League, wo die Millionen nur so sprudeln. Aber: Rangnick betonte, mehrere Klubs und Verbände gleichzeitig beraten zu können. Seine Traineraushilfe in Manchester endet jedenfalls in wenigen Wochen.

Rangnick hat den Ruf eines kreativen Berserkers, der die Alleinherrschaft braucht. Einst arbeitete der Deutsche für Traditionsvereine wie Schalke 04 – und beklagte zu lange Entscheidungswege, viele Gremien und machtversessene Funktionäre, die ihm ohne Fachwissen ins Handwerk pfuschten. Sein Glück fand er bei Klubs wie Hoffenheim, Leipzig und Salzburg, die von ihren Mäzenen wie Start-ups geführt werden – und denen er ein Antlitz schnitzen konnte. Rangnick würde zur österreichischen Mannschaft passen. Aber wohl nicht zum ÖFB mit seinen ehrenamtlichen Funktionären, den Richtern, Unternehmern und Ex-Bürgermeistern im Präsidium. Eine Alternative: Rangnick hat Dutzende Trainer geprägt und ausgebildet. In diesem Markt könnte der ÖFB fischen, sollte der Meister selbst eine Nummer zu groß sein.

Die üblichen Verdächtigen (und Vergebenen)Gespräche mit Peter Stöger (arbeitslos), Andreas Herzog (Admira Wacker) und Markus Schopp (arbeitslos) wurden bestätigt. U21-Teamchef Werner Gregoritsch brachte sich selbst ins Spiel. Die im Ausland erfolgreichen Österreicher Adi Hütter (Mönchengladbach), Oliver Glasner (Eintracht Frankfurt) und Ralph Hasenhüttl (FC Southampton) verdienen in Weltligen Millionen, sie werden schwer zu ködern sein.

Mister Unbekannt

Es gibt spannende Männer abseits der ausgetrampelten Pfade. RB Salzburg ist ein Meister darin, aufstrebende No-Names (Roger Schmidt, Marco Rose, Matthias Jaissle) zu verpflichten, ehe sie zu internationalen Trainerstars aufsteigen. Die Kunst liegt darin, einen außergewöhnlichen Trainer zu finden, bevor er sündteuer ist. 

Über 300 Millionen Euro schwer ist der österreichische Kader. Der Teamchef aber dürfe bloß eine Million Euro brutto kosten, wird kolportiert. Wiewohl der Wiener Landespräsident Robert Sedlacek gegenüber „90minuten.at“ einräumte, dass auch „zwei oder drei Millionen“ denkbar wären, sofern ein Viertelfinale bei einem großen Turnier das Geld wieder einspiele. Wie auch immer: Es soll Trainer geben, die keine Millionen suchen, sondern eine lohnende Herausforderung – und die kann der ÖFB bieten. Den Teamchef erwartet eine hochkarätige Truppe mit 
Offensivpower, die mehr kann, als sie bisher gezeigt hat (oder zeigen durfte).

Teamspieler David Alaba (Real Madrid) äußerte dieser Tage im Sky-Interview die leise Hoffnung, dass der neue Teamchef „im Fußballdenken zu uns passt“.

Grundsätzlich gäbe es Hoffnung: Geld spielt nicht automatisch Fußball. Aber: Je kleiner die Geldbörse, desto akribischer muss die Trainersuche ablaufen. Beim ÖFB wird hoffentlich (anstatt routinemäßig die schnell verfügbaren Stöger, Herzog oder Schopp zu präsentieren) seit Monaten zumindest der deutschsprachige Trainermarkt durchleuchtet – und Spielweisen von Trainern mit der Veranlagung der Nationalmannschaft verglichen. Kurz gesagt: Oft bräuchte es gar nicht mehr Geld, sondern einfach nur viel Grips. Die Liebe kommt dann ganz von selbst.