Feiern und fallen

Auch nach Peter Noevers ­Abgang kehrt im Wiener MAK keine Ruhe ein

Kulturpolitik. Auch nach Peter Noevers ­Abgang kehrt im Wiener MAK keine Ruhe ein

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Der Rücktritt des MAK-Direktors Peter Noever am 23. Februar polarisiert weiter: Nicht nur im Haus selbst, sondern auch in der weit verzweigten Wiener Kunstszene sorgt die Causa weiterhin für Debatten. Viele Kunstschaffende fordern auf der Internet-Plattform www.propeternoever.at derzeit Respekt für die Verdienste des Langzeit-Direktors (Noever war 25 Jahre im Amt) – neben Statements von Architekten (Wolf D. Prix, Greg Lynn) und bildenden Künstlern (Erwin Wurm, Ilya und Emilia Kabakow, Chris Burden, Hermann Nitsch, Eva Schlegel, Daniel Spoerri) finden sich darauf auch solche von Kulturschaffenden anderer Disziplinen, etwa der Regisseurin Andrea Breth und des Schriftstellers Robert Menasse. Freilich wird dabei nicht nur rückhaltlose Sympathie für den ehemaligen Direktor geäußert, man rügt auch seine Kritiker, teils mit erheblichem Furor: Von „Hexenjagd“ und ­„leidenschaftslosen, kunstfernen Bürokraten“, die Noever verfolgten, ist da die Rede; ein Unterzeichner befürchtet sogar eine „Emigrantenwelle, wenn der österreichische Kleingeist wieder mal gemeingefährlich wird“. Auf der anderen Seite, jenseits dieser Website, stehen freilich jene, die nach wie vor Noevers allzu freizügigen Umgang mit staatlichen Geldern kritisieren.
Im MAK selbst äußerte sich die Spannung unter den Mitarbeitern bereits vorigen Montag massiv, als in einem Mail elf von ihnen der interimistischen Geschäftsleitung ihr Misstrauen bekundeten (profil berichtete online).

Unterfertigt wurde das Schreiben, das auch an die zuständige Kulturministerin Claudia Schmied weitergeleitet wurde, von den Betriebsräten sowie den Leitern und Leiterinnen der Sammlungen für Metall und Wiener Werkstätte (Elisabeth Schmuttermeier), Textilien und Teppiche (Barbara Karl), Asien (Johannes Wieninger) sowie den Verantwortlichen für Führungen (Gabriele Fabiankowitsch) und Restaurierung (Manfred Trummer). Noever habe sich nach dem Rücktritt „seinen Generalschlüssel am Donnerstag, 24. Februar 2011, aushändigen lassen“ – trotz eines vom Kuratorium einen Tag vorher ausgesprochenen Zutrittsverbots, heißt es darin. Ebenso seien ihm, anders als das Kuratorium gefordert hatte, die Computer-Passwörter nicht entzogen worden. „Das spricht gegen den Grundsatz der Objek­tivität und legt nahe, dass Sie ­offensichtlich befangen sind“, ­schreiben die Mitarbeiter. Weiters habe die interimistische Museumsdirektorin, Martina Kandeler-Fritsch, in der MitarbeiterInnenversammlung erklärt, dass sie keine Änderungen vornehmen werde. „Auch diese Aussage nährt unsere Sorge, dass mit Ihnen eine dringend notwendige Aufarbeitung des ‚Systems Noever‘ und eine völlige Neupositionierung des Österreichischen Museums für Angewandte Kunst nicht durchführbar sein werden“, teilen die Angestellten mit. All dies erwecke den Anschein, dass „die Politik Noevers fortgesetzt werden soll“. Daher „sprechen wir Ihnen (...) unser Misstrauen aus“.

Professionell.
Von profil um ein Statement dazu gebeten, reagiert Kandeler-Fritsch mit professioneller Distanz: „Natürlich war ich über diese Vorwürfe sehr überrascht, aber sie haben auch als Katalysator für noch intensivere Gespräche mit dem Betriebsrat und allen Beteiligten gewirkt.“ Jedenfalls habe sie gemeinsam mit der kaufmännischen Leiterin Andrea Jungbauer-Radax „alle notwendigen Schritte in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses in die Wege geleitet“, erklärt sie.

Konsequenzen aus dem Schreiben ziehe sie keine; auch habe sie mit der Ministerin nicht gesprochen. Die offenkundig schlechte Stimmung im MAK kommentiert sie so: „Grundsätzlich sind wir alle von dem raschen Rücktritt Noevers überrascht worden. Es liegt in der Natur der Sache, dass es bei nahezu 160 Mitarbeitern unterschiedliche Reaktionen gibt.“ Ihr Ziel sei, „Stabilität in das MAK zu bringen“. Noever besitze übrigens mittlerweile „selbstverständlich weder Passwörter noch Schlüssel zum MAK“.

Der Direktor hatte seinen Rücktritt erklärt, weil das Kuratorium des Museums Strafanzeige gegen ihn erstattet hatte; vorläufig beläuft sich die Summe, die er zurückerstatten muss, auf 130.000 Euro – Kosten, die für die Geburtstagsfeiern seiner Mutter zwischen 2000 und 2009 angefallen waren und die Noever vom Museum begleichen ließ. Dieser Betrag setzt sich dem Vernehmen nach aus Saalmiete, Catering-Kosten, Blumenschmuck, Bezahlung für Bands oder Performances zusammen – es wird von Csárdás-Gruppen und Zaubershows berichtet –, zudem ist darin offenbar die Bezahlung jener MAK-Angestellten, die sich um Scheinwerfer, Tonanlage, Podeste und die Reinigung danach kümmerten, inkludiert; zwischen 60 und 100 Gäste sollen bei den Festen jeweils empfangen worden sein. Ein Mitarbeiter des Hauses erzählt, dass – anders als bisher angenommen – Geburtstagsfeiern dieser Art bereits in den neunziger Jahren abgehalten worden seien; und dass Noever auch seinen eigenen Geburtstag bisweilen im MAK gefeiert habe – mit 30 bis 50 Gästen jedoch weitaus kleiner dimensioniert. Zumindest einmal soll er dafür die Säulenhalle sowie Hilfe von Angestellten des Hauses in Anspruch genommen haben.

Nina   Schedlmayer

Nina Schedlmayer