Der Vergnügungsreferent

Norbert Steger: Wie der Ex-FPÖ-Obmann in der Partei umrührt

FPÖ. Wie Ex-Obmann Norbert Steger in der Partei umrührt

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Vor 15 Jahren lud Vizekanzler a. D. und FPÖ-Bundesparteiobmann i. R. Norbert Steger einen alten Bekannten aus politischen Tagen in sein Domizil in Wien Dornbach. Der Gast hatte in der rot-blauen Koalition von 1983 bis 1987 als Wissenschaftsminister gedient. Im Gegensatz zu Steger setzte er seine politische Karriere fort, brachte es zum Klubobmann, Nationalrats- und Bundespräsidenten. Über die Jahre hielten die ehemaligen Kleinkoalitionäre Norbert Steger und Heinz Fischer zueinander losen Kontakt. Beim Besuch in Stegers Haus zeigte Fischer seine gesellig-musikalische Seite und gab spontan ein vierhändiges Klavierkonzert zum Besten – neben ihm am Piano ein kleines Mädchen: Petra, Tochter des Gastgebers, heute 25 Jahre alt.

Petra Steger kann sich an die kleine Einlage mit Heinz Fischer nicht mehr erinnern. Im Herbst wird sie ihn persönlich treffen. Traditionell lädt der Bundespräsident die Abgeordneten nach der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Nationalrats zu einem Empfang – Familienmitglieder inklusive.

Querverbinder zu roten und schwarzen Milieus
Norbert Steger wird wohl dabei sein. Vor einigen Wochen überraschte ihn seine Tochter mit der Mitteilung, bei der Wahl am 29. September auf der Wiener Landesliste der FPÖ zu kandidieren. Petra Steger ist bereits blaue Bezirksrätin in Meidling. Er selbst hat nichts zum Karriereschritt seiner Tochter beigetragen, sagt Steger. Sie sei Parteiobmann Heinz-Christian Strache aufgefallen, etwa durch ihre Moderatorentätigkeit für FPÖ-TV, dem wöchentlichen Internet-Fernsehmagazin des blauen Parlamentsklubs, das regelmäßig Berichte gegen „militantes Gutmenschentum“, „rot-grüne Bonzen im Wiener Rathaus“ oder „linken Gesinnungsterror“ bringt.
Durch die Kandidatur der Tochter rückt auch der Vater wieder in den öffentlichen Fokus. Norbert Steger zählt zu jenen Ex-Politikern, die im Gespräch dermaßen oft ihre Zurückhaltung und mangelnde Eitelkeit loben, dass man getrost vom Gegenteil ausgehen kann: „Ich habe keinen Einfluss in der FPÖ. Ich habe kein Amt und bin bei keinen Sitzungen dabei.“
Formal mag das stimmen. Doch in der Politik läuft Einfluss nicht nur über offizielle Machtpositionen wie Regierungs- oder Parteiämter ab, sondern auch über inoffizielle Rollen – und was man daraus macht. Mag Steger auch weder zum engsten Kreis um Strache zählen noch programmatisch oder strategisch mitbestimmen, so hat er für den Parteichef doch wichtige Funktionen ohne Portefeuille: als Querverbinder zu roten und schwarzen Milieus und als Testimonial für blaue Demokratieverträglichkeit.
Seine Klienten und Geschäftspartner sprächen ihn kaum auf die FPÖ an, sagt Steger: „Geschäftsleute interessieren sich in der Regel nicht für Politiker in Opposition.“ Falls sich doch jemand erkundigt, zeichnet Steger ein anderes Bild von der Partei und ihrem Obmann, als es in roter oder schwarzer Upper Class vorherrscht. Strache sei, so Steger, „wesentlich weicher und gefühlvoller“, als man gemeinhin glaube.

Der FPÖ-Obmann erkannte schon vor Jahren Stegers Vermarktungspotenzial als honorigen Imageträger. Im Jahr 2006 lud Strache Steger zum Festakt anlässlich des 50-jährigen Bestehens der FPÖ ins Wiener Palais Ferstel. 2008 folgte die offizielle Aussöhnung. Strache teilte Steger schriftlich mit, dass sein Parteiaustritt vom Jahr 1993 aufgrund der blauen Ablehnung des EU-Beitritts nicht mehr gültig sei.
Stegers einziges offizielles FPÖ-Mandat ist überaus einflussreich. Seit 2008 vertritt er die Freiheitlichen im ORF-Stiftungsrat und half 2010 mit, den bei Schwarz und Blau gleich ungeliebten Marketingchef Pius Strobl abzusägen. Im Jahr 2011 stimmte er gegen Straches Vorgabe für die Wiederbestellung von Generaldirektor Alexander Wrabetz. Der Parteichef tobte und legte seinem Stiftungsrat den Rücktritt nahe. Doch Steger gab sich unbeeindruckt. Schließlich blieb Strache nichts anderes übrig, als die Aussöhnung zu verkünden.

Auch bei der Demontage des umstrittenen Nationalratspräsidenten Martin Graf – er wird auf Straches Druck nicht mehr kandidieren – mischte Steger zumindest indirekt mit. Als vor einem Jahr Grafs zweifelhaftes Agieren in der Privatstiftung einer betagten Dame bekannt wurde, warf ihm Steger vor, der FPÖ „geschadet zu haben“. Als dann noch Zeitungsberichte erschienen, Graf sei bei zwei offiziellen Wahlvorschlägen als „Rechtsanwalt“ geführt worden, zeigte sich der wirkliche Rechtsanwalt „schockiert“.
Steger, stets gut gelaunt, ist bestens vernetzt. Der Großinvestor Martin Schlaff nützte gern die Dienstleistungen des Treuhänders und Anwalts – etwa bei Finanzierung und Realisierung eines Casinos in Jericho. Der neue Chef der Raiffeisen Bank International, Karl Sevelda, diente einst als wirtschaftspolitischer Referent in Stegers Vizekanzler-Kabinett. Steger war Präsident der Basketball-Bundesliga und ist Mitglied in der Österreichisch-Ungarischen und Österreichisch-Chinesischen Gesellschaft.

Die Regierungsbeteilung seiner FPÖ ist das große Ziel des 69-Jährigen. Natürlich würde er nicht an potenziellen Ministerlisten mitarbeiten, sagt er. Obwohl er schon einige ministrable Persönlichkeiten nennen könnte. Ein Parteiamt schließt er auch im Falle einer blauen Mitregentschaft aus – mit Ausnahme eines derzeit nicht existenten: „Vergnügungsreferent“.

Foto: Walter Wobrazek für profil

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.