Ende des Prager Frühlings

Prager Frühling: Blutige Niederschlagung vor 45 Jahren

Zeitgeschichte. Vor 45 Jahren beendeten Truppen des Warschauer Paktes gewaltsam das Experiment

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Unter Alexander Dubcek wurden 1968 mutige Reformen des kommunistischen Systems begonnen, die aber erst 20 Jahre später Gorbatschow umsetzen sollte.

DOWNLOAD: Titelgeschichte von Otmar Lahodynsky: "Lebendiges Trauma" (pdf)

Für die “profil”-Titelgeschichte “Trauma ’68-Das Ende des Prager Frühlings: 20 Jahre danach” besuchte ich im August 1988 die Tschechoslowakei und sprach mit zahlreichen Dissidenten und einigen Vertretern des KP-Regimes in Prag. Beide Seiten wirkten etwas ratlos. Jiri Hajek, Ex-Außenminister unter Dubcek, sah den damals regierenden KP-Chef Milos Jakes und dessen kritiklose Vasallen “in einem schrecklichen Dilemma”: “Denn diese Führung wurde eingesetzt, um die Reformen des Prager Frühlings, der in vielem der Perestrojka Gorbatschows ähnlich ist, auszuradieren. Diese Leute haben das aus Loyalität gegenüber der Sowjetunion gemacht, aber heute weht dort ein anderer Wind.” Und dem KP-Regime inPrag fiel nicht mehr ein, als ein wenig Lockerung in der Kulturpolitik und mehr Reisefreiheit. Zum Gedenktag des militärischen Einmarsches wurden alle Dissidenten vorsorglich aus Prag verbannt. Demonstriert haben dann vor allem junge Regimegegner, die am Ende des Protestmarsches in der Nähe des Wenzelplatzes von Polizeikräften dann brutal zusammengeschlagen wurden.

Ironie der Geschichte: Morgen wird im Parlament in Prag über Neuwahlen abgestimmt. Präsident Milos Zeman wollte in einer sehr weiten Amtsauslegung ein Expertenkabinett von seinen Gnaden ohne Rückhalt im Parlament regieren lassen. Karel Schwarzenberg setzte sich als ehemaliger Außenminister an die Speerspitze zur Verteidigung des parlamentarischen Systems. “Aber wie komme ausgerechnet ich dazu, die republikanische Ordnung zu schützen” erklärte mir der Fürst in einem Interview (in der aktuellen Ausgabe des profil) mit gewohnter Ironie.