profil online: Konflikt um das Wiener Wiesenthal Institut eskaliert

profil online: Konflikt um Wiener Wiesenthal Institut eskaliert

Exklusiv. Internationaler Wissenschafter-Beirat tritt zurück. Die Rücktrittserklärung im Wortlaut.

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Damit gehören unter anderen der Doyen der internationalen Holocaust-Forschung Yehuda Bauer, Omer Bartov – er ist einer der weltweit führenden Historiker im Bereich Völkermord, sowie Ruth Wodak, Trägerin des österreichischen Wittgenstein-Preises, dem Wiener Wiesenthal Institut nicht mehr an. Der Rücktrittsbrief ist von 12 der 15 Forscher unterzeichnet.

Als Begründung für ihren Rückzug führen die renommierten Wissenschafter „die jüngsten Ereignisse“ um das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust Forschung an. – Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, hatte in einem Interview mit der aktuellen Ausgabe von profil den Gründungsleiter des Instituts Anton Pelinka mit schweren Vorwürfen überschüttet: Pelinka wolle die Einrichtung „mit unlauteren Mitteln zerstören“.

Pelinka hatte resigniert, da er die mit bisher 640.000 Euro öffentlich geförderte Forschungseinrichtung „in Umklammerung der Kultusgemeinde“ sah. In ihrem Abschiedsschreiben stimmen die internationalen Wissenschafter offensichtlich mit Pelinkas Analyse überein, sie sprechen ihm ausdrücklich ihre „Anerkennung für die Führungsrolle“ aus.

profil online bringt im folgenden den Abschiedsbrief im vollen Wortlaut (Übersetzung aus dem Englischen):

Wiener Wiesenthal Institut
Internationaler Wissenschaftlicher Beirat

Rücktrittserklärung

Der Internationale Wissenschaftliche Beirat des Wiener Wiesenthal Instituts hat mit wachsender Beunruhigung wahrgenommen, dass die Voraussetzungen, unter denen das Institut seine Arbeit mit der notwendigen wissenschaftlichen Unabhängigkeit leisten könnte, nicht mehr länger gegeben sind. Auf Grund der uns vorliegenden Informationen und in Anbetracht des Rücktritts von Professor Anton Pelinka als Vorstands-Vorsitzender und Dr. Ingo Zechner als Geschäftsführer des Wiener Wiesenthal Instituts sind wir zum Schluss gekommen, dass der Internationale Wissenschaftliche Beirat nicht mehr länger eine sinnvolle Funktion erfüllt. Wir geben daher mit großem Bedauern unseren Rücktritt bekannt. Ausdrücklich möchten wir unsere Anerkennung für die engagierte Arbeit festhalten, die so viele für dieses einst viel versprechende Projekt geleistet haben, ganz besonders für die Führungsrolle, die Professor Pelinka über die Jahre ausgeübt hat.

Professor David Bankier, Professor Omer Bartov, Professor Yehuda Bauer, Professor Wlodimierz Borodziej, Professor Atina Grossmann,
Professor Gertrud Koch, Professor András Kovacs, Professor Andrei S. Markovits, Professor Peter Pulzer, Professor Gabrielle Rosenthal, Dr. Tom Segev, Professor Ruth Wodak.

16. November, 2009