Rumpolds Fall

Rumpolds Fall: Haiders Mann fürs Grobe steht vor Gericht

Porträt. Gernot Rumpold steht wegen des Verdachts der Untreue vor Gericht

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Ein einziges Mal brach es aus ihm her­aus: „Es war der totale Einsatz. Zusammengehörigkeit. Rund um die Uhr. Es war Revolution. Eine Revolution gegen das Establishment. Auch gegen die eigene Partei. Gegen alles. Und der Jörg und ich haben das angeführt. Wir waren ein Team.“
Als Rumpold seine offene Flanke darlegte, am 10. Juni 1999 in Hanno Pöschls „Kleinem Café“ am Wiener Franziskanerplatz, hatte er zwar schon mehrere Gläser geleert, doch in dieser Sekunde war er trunken vom Glauben an seine Sache. Er war sich gewiss, dass er die Fähigkeit ­besaß, Haider einst ins Kanzleramt zu bringen.

Verdacht auf Untreue
Haider ist längst tot, und Rumpold muss sich demnächst wegen des Verdachts der Untreue vor Gericht verantworten. Laut Staatsanwaltschaft hat er von einer illegalen Parteispende der Telekom Austria an die FPÖ profitiert und mitgeholfen, sie zu verschleiern.
Das Wahljahr 1999 hätte ein Etappenziel sein sollen. „Wir werden Wolfgang Schüssel ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann“, raunte Rumpold. Ein paar Monate später war die FPÖ unter seiner Leitung mit einem schmutzigen Wahlkampf gegen die „Überfremdung“ zur zweitstärksten Partei geworden, und ihre Regierungsbeteiligung im Kabinett Schüssel hatte Europa in Aufruhr versetzt. Haider war nicht im Team. Für Rumpold sollte das Ereignis ein Wendepunkt sein.
Er war 21 Jahre alt gewesen, ein „verwöhntes Bürscherl“ aus dem Kärntner ­Mittelstand, ein „Chaostyp“, ein „ewiger Ausreißer“, wie er selbst sagte. In diesem Sommer 1979, sein Leben trieb ziellos ­dahin, seine Energie erschöpfte sich in seinen Worten darin, „die Welt auf den Kopf zu stellen“. Da fiel er Jörg Haider in die Hände.
Auf einer Kärntner Tankstelle um vier Uhr morgens hatte er sich erweichen lassen, eine Beitrittserklärung zur FPÖ zu ­unterschreiben, tags darauf lernte er den sieben Jahre älteren Haider kennen, damals Nationalratsabgeordneter und Kärntner Parteisekretär mit Sondervertrag, dem ein Ruf vorausging. Rumpold war hingerissen. Da wollte jemand etwas von ihm. Haider habe gesagt: „Freunde, wir müssen was bewegen. Ich brauch euch, weil die Partei hat kein Geld!“ Auch noch 20 Jahre später sollte Haider mit dem Kampfruf „Wir werden nie dort sein, wo das Geld ist! Sondern wir werden dort sein, wo das Volk ist!“ die idealistische Seite bedienen.

Diskotour und Papierblumen
Rumpold gründete einen Jugendklub, der die Bühne für Haiders Wahlkampf abgab. In der Nacht ging er auf Diskotour, um neue Anhänger aufzugabeln, tagsüber bastelte er Papierblumen, die im Namen Haiders verteilt wurden. Er war bald unentbehrlich. Die Parallelstruktur zur FPÖ, die er aufgebaut hatte, gab den Jungen Macht. Der nationalsozialistische Unterschleif, mit dem Haider im angestammten Milieu um Stimmen warb, störte ihn nicht, wenn er ihm überhaupt auffiel.
1983, nach einem kurzen Zwischenspiel als Heizungstechniker, wurde Rumpold abermals bei Haider vorstellig: „Alter, hast keinen Job für mich im Ausland?“ Rumpold wurde auf der Stelle engagiert. Jetzt führte er als Landesgeschäftsführer die Kärntner Freiheitlichen zum Wahlerfolg.
In jeden Marktflecken fiel seine Truppe ein. In einem Heerbann hatte man Nationale und Liberale, Junge und Alte um sich geschart. Doch Haider blickte missgünstig nach Wien, wo Parteichef Norbert Steger mit den Sozialdemokraten in der Regierung saß. Das „Steger-Ausheben“, wie es Rumpold nannte, begann. „Der Jörg war nicht im Team, obwohl er als Einziger gewonnen hat. Das haben wir nicht verstanden. Es war nicht nur gekränkte Eitelkeit, aber das war es auch.“

Unbeirrt von Haiders schwankender Natur, an einem Tag war er Feuer und Flamme, am anderen kniff er, begann Rumpold die Machtergreifung am Innsbrucker Parteitag zu organisieren. Die Mitarbeiter des weggeputschten Steger drückten dann Rumpold ihre Kündigungsschreiben in die Hand, weil sie ihn für den neuen Zuständigen hielten.
Fortan hatte Rumpold bei allen Entscheidungen der FPÖ die Hand im Spiel. Er war der Überbringer schlechter Nachrichten, wenn Haider einen Parteifreund kaltstellte. Er drohte und schüchterte ein, wenn jemand nicht parierte. In der so genannten Schweigegeldaffäre, in der ein Kärntner Mandatar, der nicht mehr in den Bund der Erfolgreichen passte, mit Geld ruhiggestellt werden sollte, übernahm Rumpold vor Gericht die Verantwortung. Haider hatte offiziell nichts damit zu tun gehabt. Ein anderes Mal sagte Rumpold zugunsten Haiders im Lucona-Ausschuss aus, dass er sich beim besten Willen nicht daran erinnern könne, ob auch Haider einmal im berüchtigten Club 45 gewesen sei.

Keine Überzeugung außer Siegeswillen
Rumpold kannte keine Überzeugung außer Siegeswillen. Als Haider die alten Nationalen lästig wurden, ließ er sie von der jungen Garde mit Rumpold an der Spitze öffentlich verhöhnen. Sie waren die Headhunter, die ihresgleichen auf den Tennisplätzen auflasen, beim Wasserskifahren oder in den schicken Bars am Wörthersee. Wo immer Haider auftrat, war er in wechselnder Besetzung von Angehörigen dieser Gruppe umgeben, man konnte sie kaum voneinander unterscheiden. Sie waren der verdichtete Ausdruck der Massen, die bei den großen Haider-Spektakeln zusammenkamen. Ende der achtziger Jahre kam Walter Meischberger dazu, ein ehemaliger Klassenkamerad von Rumpold. Sie waren in der Berufsschule im selben Jahrgang gewesen.
Rumpold hatte als Wahlkämpfer gelernt: „Eine politische Angreifergruppe muss überzeichnen, und zwar so arg, dass sie reagieren. Wenn sie das tun, hast du schon gewonnen“, erklärte Rumpold.
Rumpold hatte auch erfahren müssen: Wer sich dem Chef gegenüber nicht loyal verhielt, dem wurde nicht verziehen. „Entweder Solidarität oder gar nix.“

Im Jahr 2000 wurde Rumpold abserviert. Es kursierten dazu verschiedenste Gerüchte, er soll gegenüber Journalisten zu viel geplaudert haben. Haiders Gattin Claudia habe auf seinen Abgang gedrängt. Für Rumpolds Auskommen war gesorgt. Er bekam die parteieigene Werbeagentur für einen symbolischen Betrag und die Aussicht auf Kampagnen und Etats.
In den Anfangsmonaten der schwarz-blauen Regierung versuchte er sich in verschiedensten Aktivitäten, unter anderem in einem gemeinsamen Unternehmen mit dem damaligen Wiener FPÖ-Mandatar Heinz-Christian Strache.

2001 gründeten Erika und Gernot Rumpold die „100% Communications“, um den partei­belasteten Ruf ihrer bereits bestehenden Werbeagentur mediaConnection abzuschütteln. Beide Unternehmen residierten an derselben Adresse. Doch gewichtige Kunden blieben aus, und die Präsenz der FPÖ lief nun über die Ministerämter.
Doch Rumpold ging es blendend. Am 2. Juli 2002 um die Mittagszeit saß er mit dem damaligen FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer vor der Wiener Loos-Bar bei Champagner. Auf die Frage von profil, was es denn zu feiern gebe, sagten die beiden: „Die Eurofighter.“ Eben erst hatte sich der Ministerrat für den Ankauf der teuersten Variante, der Eurofighter des Rüstungskonzerns EADS, entschieden.
Drei Wochen später wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen – es gab Hinweise, dass im Zuge der Typenentscheidung Schmiergelder geflossen sind – eingestellt. Erst fünf Jahre später, als die schwarz-blaue Regierungsperiode schon Geschichte war, wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. Nun stellte sich her­aus, dass die Rumpolds fast sieben Millionen Euro von EADS kassiert hatten. In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss legten sie kuriose Rechnungen vor: etwa 93.000 Euro für die Ausrichtung einer Pressekonferenz, bei der Kaffee, ­Mineralwasser und Brötchen gereicht wurden. 140.000 Euro für die Vermittlung ­eines Gesprächstermins bei einem ­Landeshauptmann. 300.000 Euro für Podiumsdiskussionen. Gernot Rumpold gab an, nach Abzug aller Kosten sei ihm aus dem EADS-Auftrag ein Erlös von 3,2 Millionen Euro geblieben. Auch dieses Verfahren wurde eingestellt, Rumpolds Konten wurden nie geöffnet.

Goldader Eurofighter
Für Rumpold waren die Eurofighter eine Goldader gewesen, denn im Herbst 2002 zerbrach die FPÖ fast, die Nationalratswahl wurde ein Debakel, die Partei war bankrott. Der treue Rumpold hatte jetzt kein Mitleid mehr. Er drohte, Außenstände von 250.000 Euro einzuklagen. Erst Ende August 2003 ließ sich Rumpold dazu verpflichten, „die Marke Haider wieder hochzubringen“.
Im darauffolgenden Jahr bat Haider Rumpold, den EU-Wahlkampf zu übernehmen. Doch die Partei war pleite und hatte bei Rumpold ohnehin schon hohe Schulden. Rumpold weigerte sich, ohne Vorauszahlung auch nur einen Finger zu rühren. Diesmal kam Geld von der staatlichen Telekom Austria, die über all die Jahre zum freiheitlich geführten Infrastrukturministerium ressortierte. Laut Anklageschrift gingen Manager des Unternehmens „zum Zweck der verdeckten Abwicklung der Parteispende (an die FPÖ, Anm. d. Red.) ein Scheingeschäft mit der mediaConnection ein“. Kurz nachdem 600.000 Euro bei Rumpold eingelangt waren, verzichtete er generös auf die Außenstände der FPÖ.
Eine ehemalige Sekretärin der Rumpolds, die vor der Polizei ausgesagt hatte, dass in der Agentur oftmals Rechnungen ohne nachvollziehbare Leistungen ausgestellt wurden und dicke Geldkuverts den Besitzer wechselten, soll danach von den Rumpolds massiv eingeschüchtert worden sein. Die Anklage sieht darin ein besonders „verwerfliches Nachtatverhalten“.

Mit Rumpold müssen sich demnächst ehemalige Manager der Telekom Austria, der ehemalige Finanzreferent der FPÖ, Detlev Neudeck, und der ehemalige Bundesgeschäftsführer Arno Eccher vor Gericht verantworten. Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

Zur Person:
Gernot Rumpold, geboren 1957 in Villach, hat einen Großteil ­seines Berufslebens in Diensten der FPÖ verbracht. 1982 begann er als Organisationsreferent. 1984 wurde er Landesgeschäftsführer in Kärnten, 1986 persönlicher Referent Haiders. 1990 bis 1996 war er Bundesgeschäftsführer. 2000 übernahm er die parteieigene Werbe­agentur und machte sich selbstständig. Sein Firmengeflecht umfasst Werbeagenturen und ­Immobilienverwaltungen.

Christa   Zöchling

Christa Zöchling