Ex-Kanzler Sebastian Kurz im Vojahr bei einem „Business Talk“ in Wien

Ex-Kanzler Kurz: Eine Jausenstation, ein ÖVP-Gemeinderat und ein Hauch von Ho

Ex-Kanzler Sebastian Kurz hat in ein Tourismusprojekt in Salzburg investiert. Hinter der Eigentümerfirma steht ein befreundeter Unternehmer und Lokalpolitiker. Dieser gründete die Firma ursprünglich mit Szene-Gastronom und Kurz-Freund Martin Ho.

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Einst hat man müden Wanderern hier Köstlichkeiten wie Fleischkrapfen mit Sauerkraut, Kaspressknödel-Suppe oder auch ein Dessert namens „Beschwipste Bäuerin“ kredenzt. Nun ist das – vor rund 15 Jahren errichtete – dreigeschoßige Haus im Talschluss in der Salzburger Gemeinde Hüttschlag vor allem eines: ein geheimnisumwittertes Investment von Ex-ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz.

„Schon in seiner Zeit als Politiker urlaubte Sebastian Kurz mit Vorliebe im Großarltal“, schrieben die „Salzburger Nachrichten“ („SN“) im März dieses Jahres. Nun sei Kurz „über eine Gesellschaft ab sofort Miteigentümer einer vormaligen Jausenstation mit Bauernladen und Zimmern“. Kurz habe bestätigt, „dass er an einer Firma eines Bekannten beteiligt sei, der aus dem Bereich erneuerbare Energien komme“, wurde berichtet. Dieser Bekannte plane demnach Investitionen in mehrere touristische Projekte. Die entscheidende Frage, wer dieser „Bekannte“ sei, ließ der Ex-Kanzler laut „SN“ damals unbeantwortet. Nun hat profil ihn entdeckt. Und es offenbaren sich bemerkenswerte Verbindungen.

Die Ho-Connection

profil hat schon vor einiger Zeit herausgefunden, um welche Immobilie es sich bei der in der Berichterstattung genannten „Jausenstation“ konkret handelt. Die Jausenstation ist nicht mehr in Betrieb, im Haus sollen nun Touristen-Appartments eingerichtet werden. Seit Kurzem finden sich im Grundbuch die offiziellen Informationen zum neuen Besitzer: Sebastian Kurz taucht mit seinem Namen hier nicht auf. Als Eigentümerin eingetragen ist hingegen eine „SolarBioEnergy Beteiligungs GmbH“ mit Sitz in Baden bei Wien. Auch bei dieser Firma scheint Sebastian Kurz übrigens nicht öffentlich auf. Alleingesellschafterin der SolarBioEnergy ist eine „SEPA Engineering GmbH“ – und diese wiederum gehört laut Firmenbuch einem gewissen Manuel Maier.

Hier wird es interessant: Manuel Maier ist nämlich politisch kein unbeschriebenes Blatt. Er ist geschäftsführender Gemeinderat in Leopoldsdorf bei Wien. Seine Partei: jene von Sebastian Kurz, die ÖVP. Noch spannender ist hingegen, wer ursprünglich hinter der SolarBioEnergy stand. Bei der Gründung im Jahr 2023 hielt Maier 45 Prozent an der Firma. Ein kleinerer Anteil von zehn Prozent entfiel auf einen Geschäftspartner des Unternehmers und Gemeindepolitikers. Die restlichen 45 Prozent gehörten jedoch einer alles andere als unbekannten Firma namens „Pure Wish GmbH“. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen des umstrittenen Szene-Gastronomen und Sebastian-Kurz-Freundes Martin Ho. Anh Tuan Ho, wie dieser eigentlich heißt, erschien zur Gründung der SolarBioEnergy persönlich beim Notar. Von einer Jausenstation oder Tourismus-Investments war damals offenbar noch keine Rede. Als Geschäftszweck wurde der „Erwerb von Unternehmungen im Bereich Biomasseenergie, Wärme- und Solarkraftwerke und Recycling, sowie die Verwaltung und Verwertung dieser Beteiligungen“ vermerkt. Gut möglich, dass die Firma in der ursprünglichen Form nie wirklich aktiv und später einfach umfunktioniert wurde.

Sebastian Kurz und Szene-Gastronom Martin Ho bei einer Jubiläumsfeier des Restaurants „DOTS”

Bis dato sind keine offiziellen Geschäftsbeziehungen zwischen Sebastian Kurz und Martin Ho bekannt geworden. Auch im Fall der Jausenstation dürfte es, soweit ersichtlich, zu keiner direkten Überschneidung gekommen sein – wenn auch knapp. Die Pure Wish GmbH von Ho ist am 30. Dezember 2024 offiziell aus dem Eigentümerkreis der SolarBioEnergy ausgeschieden. Viereinhalb Wochen später, am 31. Jänner 2025, unterschrieb Manuel Maier dann den Kaufvertrag für die Immobilie in Salzburg. 

profil hat bei Maier nachgefragt. Ihm zufolge ist die Rolle von Sebastian Kurz bei der SolarBioEnergy die eines Geldgebers. Eine Verbindung zwischen der Firma und Martin Ho bestehe nicht mehr: Letzterer sei als Gesellschafter ausgeschieden, bevor Kurz Geldgeber wurde. Kennengelernt habe er, Maier, den Ex-Kanzler übrigens weder über seine politische Tätigkeit, noch über Ho. Es gebe eine langjährige Freundschaft, die in die Zeit zurückreiche, bevor Kurz politisch aktiv wurde. 

Kaufpreis: 750.000 Euro

Laut Kaufvertrag hat die SolarBioEnergy für den Kauf der „Jausenstation“ 750.000 Euro in die Hand genommen. Maier zufolge läuft gerade der Umbau. Es sollen zwei Touristen-Appartments eingerichtet werden. Mit der Vermietung wolle man im kommenden Jahr starten. In Zukunft könnte es durchaus noch weitere, ähnliche Projekte geben: Man habe weitere Objekte in der Salzburger Gegend angesehen. Vorher soll aber jedenfalls einmal bei der Immobilie in Hüttschlag die Vermietung anlaufen. 

Stefan Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.