Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek soll seit vielen Jahren ein russischer Spion sein. Nach dem Auffliegen des Wirecard-Skandals flüchtete er nach Moskau. Von dort aus soll er weiterhin spioniert haben. Unterstützt wurde er laut Ermittlungsakten von zwei ehemaligen BVT-Beamten.

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Eine in Wien lebende Bulgarin soll einem Agentenring von Russland-Spion Jan Marsalek zugearbeitet und profil-Chefredakteurin Anna Thalhammer sowie weitere Personen bespitzelt haben. Mittlerweile wurde die Frau zumindest acht Mal einvernommen. Jetzt liegen auch Handy-Auswertungen vor.

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Sie war bei den Ermittlern der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) in den vergangenen Monaten eine besonders begehrte Ansprechperson – und das kommt nicht ganz überraschend. Immerhin steckt Tsveti D., eine in Wien lebende Bulgarin, bis zum Hals in einer der größten europäischen Spionage-Affären der jüngeren Geschichte. Dabei geht es um den gen Moskau geflohenen früheren Wirecard-Vorstand Jan Marsalek. profil-Informationen zufolge wurde Tsveti D. nach einer kurzzeitigen Festnahme Anfang Dezember 2024 mittlerweile zumindest acht Mal als Beschuldigte befragt. Und nun liegen auch durchaus aufschlussreiche Handy-Auswertungen von ihr vor.

Wie profil Ende des Vorjahres exklusiv berichtete, steht D. in Verdacht, einem von London aus agierenden Agentenring zugearbeitet zu haben. Dieser führte im Auftrag des mutmaßlichen Russland-Spions Marsalek Operationen quer durch Europa durch. Die Mitglieder der Londoner Bande – vier Männer, zwei Frauen, allesamt Bulgaren – wurden im Mai 2025 in Großbritannien wegen ihrer Spionage-Aktivitäten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Im schriftlichen Urteil, das profil vorliegt, kommt auf 18 Seiten gleich zwölf Mal das Wort „Vienna“ – also: Wien – vor. Dabei gibt es noch weit mehr Österreich-Bezüge in der Causa als jene, die dort behandelt wurden. Auch hierzulande laufen deshalb Ermittlungen. Und da kommt Tsveti D. ins Spiel.

Stefan Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.