zu sehen ist eine Collage des VAMED-Firmenlogos und ein Privatjet

Dubiose Deals bei Vamed Engineering: Privatjet statt Kinderklinik

Ulrich Marseille, Chef der Vamed Engineering, kauft mit Firmengeldern einen Langstreckenjet und gewährt sich üppige Darlehen – während sich südamerikanische Staaten wegen stockender Projekte hilfesuchend an die österreichische Außenministerin wenden.

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Ulrich Marseille ist eine schillernde Figur. Mit 29 Jahren eröffnete der deutsche Unternehmer das erste Pflegeheim in Niedersachsen, später wächst daraus einer der größten privaten Betreiber für Pflegeheime und Krankenhäuser in Deutschland. Rund um die Jahrtausendwende gründete Marseille gemeinsam mit Donald Trump eine Aktiengesellschaft für einen Trump-Tower in Deutschland – doch das Projekt scheiterte. Ebenso sein Ausflug in die Politik: 2002 kandidierte er für die rechtspopulistische „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt und scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde. Im Laufe seiner Karriere als Unternehmer steht er mehrfach vor Gericht. 2009 wurde Marseille wegen versuchter Zeugenbeeinflussung zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Ein Jahr später erhielt er erneut ein Jahr auf Bewährung wegen Bestechung. Marseille gilt als klagsfreudig, egozentrisch und scheut Konflikte nicht. Ein Führungsstil, den Marseille mit April 2025 auch nach Österreich brachte. Das zeigen Unterlagen, die profil vorliegen.

Einst war die Vamed -Gruppe der größte Gesundheitskonzern Österreichs: zahlreiche Thermen, mehr als 15 Rehakliniken, das internationale Projektgeschäft (Vamed Engineering) und der technische Betrieb des AKH Wien – alles unter einem Dach. Bis der deutsche Mutterkonzern Fresenius im Frühjahr 2024 den Verkauf ankündigte und die Gruppe zerschlug. Die meisten Rehakliniken gingen an den französisch-luxemburgischen Investmentfonds PAI Partners, um die technische Betriebsführung des AKH wetteifern Porr und Strabag. Das internationale Projektgeschäft sicherte sich die französische Krankenhaus-Kette World Wide Hospitals (WWH) von Ulrich Marseille.

Über den Deal zwischen Fresenius und der WWH wurde Stillschweigen vereinbart. Wie aus den Finanzberichten des ehemaligen Mutterkonzerns hervorgeht, schießt Fresenius bis 2027 aber 210 Millionen Euro nach, um begonnene Projekte wie vertraglich vereinbart fertigzustellen. Es geht um Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen in der ganzen Welt, von Spanien über Finnland bis nach Südafrika, Asien und Südamerika, die Vamed Engineering in den vergangenen Jahrzehnten errichtet hat. Und um Projekte, die noch nicht abgeschlossen sind.

Doch Projektpartner aus Südamerika klagen, dass Baustellen stillstehen, weil Rechnungen an Subunternehmer nicht bezahlt werden. Mittlerweile hat das auch Auswirkungen auf Österreichs diplomatische Beziehungen mit Guyana und Trinidad und Tobago. Während sich die beiden südamerikanischen Länder mit Hilfeersuchen an das österreichische Außenministerium gewandt haben, hinterlegte der 70-jährige Unternehmer Marseille vor wenigen Monaten eine halbe Million US-Dollar als Kaution für einen Langstreckenjet, wie profil-Recherchen zeigen. Kurz nach der Übernahme im April 2025 gewährte er als neuer Chef zudem üppige Darlehen an eines seiner anderen Unternehmen im WWH-Kosmos – mit den Mitteln der Vamed Engineering.

Aber nicht nur in Südamerika häufen sich die Beschwerden über Marseille. Auch im eigenen Unternehmen herrscht mittlerweile Angst und Schrecken, wie ein profil vorliegendes Dokument zeigt.

Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.