Die Wiener Albertina mit fotografisch dramatisiertem Flugdach
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Alle Gürtel enger: Wäre das Kulturbudget über Rücklagen zu sanieren?

Österreichs ausuferndes Staatsdefizit setzt auch der selbst ernannten Kulturnation zu. Subventionen werden auf Bundes- und Landesbene teils dramatisch gekürzt. Sollte man deshalb die Rücklagen heimischer Kunstinstitutionen zur Budgetsanierung aufwenden?

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Mit dem Wohlbefinden in Österreichs Kulturbetrieben ist es bis auf Weiteres vorbei. Andreas Bablers Sparmaßnahmen – für 60 Millionen Euro Budgetentlastung sorgen die Bundesmuseen, die ihre Renovierungsarbeiten nun aus eigenen Rücklagen bestreiten müssen – treffen vor allem die Filmförderung (minus 22 Millionen Euro) sowie die freie Szene (minus elf Millionen Euro) schwer. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs: Zahllose Institutionen arbeiten seit Jahren mit gleichbleibenden, nicht inflationsangepassten, de facto also gefährlich sinkenden Budgets. Das klaffende Milliardenloch im Staats-Etat zieht auch die Kulturbranche in Mitleidenschaft – und keineswegs nur die kleinen, fragileren Initiativen, sondern gerade auch die großen Kunstinstitutionen des Landes.

Im steirischen Universalmuseum Joanneum etwa, Österreichs zweitgrößtem und ältestem Ausstellungshaus (es existiert seit 1811), brennt aktuell der Hut. Nach der Ankündigung empfindlicher Subventionskürzungen des Landes Steiermark für 2026 fehlen dem größten steirischen Kulturbetrieb, der 20 Häuser und den Tierpark Herberstein bespielt, nun fünf Millionen Euro – trotz mehr als einer Million verkaufter Tickets im Jahr. Man versucht der Misere durch Einnahmenerhöhungen, Schließtage, die das Budget um 1,3 Millionen Euro entlasten werden, und Einsparungen zu begegnen: Die biennal stattfindende „Steiermark-Schau“ für 2027 ist bereits abgesagt. Allein Letzteres soll drei Millionen Euro einsparen. Auch Kündigungen in bislang ungeahntem Ausmaß wurden beschlossen, rund 20 Personen werden gehen müssen.

Inmitten städtischer Häuserfronten sieht man eine in die Tiefe gebaute Glaskonstruktion
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Die Frage, ob Kulturinstitutionen ihre Rücklagen, Reserven oder „Deckungsvorsorgen“ angesichts einer eskalierenden Budgetkrise zur Finanzierung des laufenden Betriebs heranziehen sollten, ist in Österreichs Kreativindustrie nicht unumstritten. profil hat die Geschäftsführungen von knapp 30 prominenten Kulturunternehmen – Museen, Theater, Festivals – kontaktiert, um herauszufinden, wie hoch die Rücklagen sind, über die sie verfügen, und welchen Zwecken sie gewidmet sind. Und ob es legitim sei, in defizitären Zeiten darauf zu drängen, sie für das Alltagsgeschäft einzusetzen.

Stefan Grissemann

Stefan Grissemann

leitet seit 2002 das Kulturressort des profil. Freut sich über befremdliche Kunst, anstrengende Musik und waghalsige Filme.