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50 Jahre Alte Schmiede: Ein Hammer!

Eine Rückschau in fünf Kapiteln auf ein halbes Jahrhundert Literaturveranstaltungen und Konzerte in der Wiener Innenstadt.

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Lärm und Karacho, von Anfang an

Sobald Otto Schmirler mit dem Hammer auf den Amboss eindrosch, vibrierten die Fensterscheiben in seiner Gasse. Schmirler werkelte als Schmied in der Wiener Innenstadt, seit 1880 war in dem geduckten Renaissancehaus in der Schönlaterngasse 9, ums Eck vom Stephansdom, der Familienbetrieb untergebracht. Bis zu 40 Lehrlinge arbeiteten in der Kunstschmiede mit den vier Feuerstellen, die vom Grabkreuz bis zum Treppengeländer alles herstellte. Nach 1945 wurden hier die gusseisernen Tore des Belvedere und des Schlossparks Schönbrunn angefertigt. 1972 war mit den Donnerschlägen Metall auf Metall dann endgültig Schluss.

Ruhiger ist es in der Schönlaterngasse seit damals keineswegs geworden. Mit Widerborstigkeit, Witz und Eigensinn ist in der Innenstadt, gemeinhin kein Hort bürgerlichen Krawalls, verlässlich zu rechnen, seit der Kunstverein Alte Schmiede vor 50 Jahren die aufgelassene Werkstatt übernommen, genauer: sich in dem Haus mit der nach wie vor intakten Schmiede über die Jahrzehnte auf 400 Quadratmeter Büro- und Veranstaltungsfläche ausgebreitet hat. Es müssen Tausende Gerätschaften sein – Hämmer, Zangen, Meißel, Klemmen –, die auf den Werkbänken liegen; hartnäckig hängt der Geruch von Feuer und Rauch in der Luft des Tonnengewölbes, das neben dem großen Kellersaal als Veranstaltungsraum dient. In der Innenstadtinstitution für Literaturveranstaltungen und Konzerte begreift man Kunst und Kultur als ein Vehikel ununterbrochenen Werkstattcharakters. Ein roter Hammer dient als sprechendes Symbol, die hauseigene Zeitung „Der Hammer“ erscheint neben der in signalroter Verpackung vertriebenen Schrift „Die Sichel“ in regelmäßiger Folge.

Wolfgang Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.