"Die Stühle" im Akademietheater
"Die Stühle" im Akademietheater

Grauenhafte Gastgeber: "Die Stühle" im Akademietheater

Haußmann statt Peymann: Ionescos absurdes Drama „Die Stühle“ im Akademietheater enttäuscht.

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Eine Panne jagte die nächste. Erst hatte sich Schauspielerin Maria Happel das Sprunggelenk gebrochen, dann fiel Regisseur Claus Peymann einer verschleppten Viruserkrankung zum Opfer und musste ins Spital gebracht werden. Leander Haußmann sprang ein, um Eugène Ionescos Klassiker des absurden Theaters „Die Stühle“ (1951) am Akademietheater zu vollenden. Von wegen düsteres Endzeitdrama: Ionesco wird als eine Art Beckett auf Speed gedeutet. Maria Happel und Michael Maertens sind als greises Ehepaar jenseits der 90 erstaunlich vital. Die Pointenfrequenz ist hoch, das Tempo rasant. Die beiden bereiten sich auf hohen Besuch vor, „Der Alte“ möchte der Welt seine Philosophie näherbringen.

Verklemmte Sexkomödie

Wie Happel und Maertens als grauenhafte Gastgeber die unsichtbaren Besucher bloßstellen und sogar unverhohlen anbaggern, macht Spaß. Eine verklemmte Sexkomödie nimmt ihren Lauf, Ionesco wird als Boulevardautor rehabilitiert. Aber je länger der Abend dauert, desto aufgeblasener wirkt er (Kunstnebel, wenn der Kaiser auftritt; zugespielte Leonard-Cohen-Schmachtfetzen). Wollte man das Stück zeitgemäß interpretieren, könnte man es als Satire auf den gerade viel gescholtenen weißen alten Mann lesen, als Parodie auf einen unbegabten Hochstapler, der sich als verkanntes Genie inszeniert. Aber dafür sind weder Haußmann noch Peymann die richtigen Regisseure: Sie wollen nur spielen. Aber ganz ohne Überbau, fragt man sich doch, warum ausgerechnet dieses Drama aus der Mottenkiste der Weltliteratur ausgegraben werden musste.

Karin   Cerny

Karin Cerny