Theater

Gute Zeiten, schlechte Zeiten: Volkstheater-Direktor Voges wechselt nach Köln

Kay Voges lässt das Wiener Volkstheater hinter sich: Ab 2025/26 wird er Intendant in Köln. Warum geht er schon wieder?

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Der deutsche Regisseur Kay Voges inszeniert sich gern als Rockstar: 2021 posierte er mit verdunkelter Pilotenbrille und Flammenwerfer für ein Imagevideo vor dem Volkstheater. War das nicht Rammstein, deren brachiale Musik aus den Lautsprechern dröhnte? Der neue Chef wollte mit Krawall ironisch beweisen, dass unter ihm alles anders werden würde. Das verstaubte Volkstheater sollte wilder, unberechenbarer, trashiger, jünger, angriffslustiger, verspielter werden. Wer Voges aber dann persönlich zum Gespräch traf, fand einen höflichen, theaterbegeisterten Teamplayer vor. Weniger Rammstein, mehr Reinhard Mey – einen Idealisten, der ganz altmodisch an die Kraft der Verzauberung auf der Bühne glaubte. Sein Ruf, ein netter Typ zu sein, hob ihn sympathisch von jenen Bühnentyrannen ab, die ihre Häuser nach wie vor selbstherrlich führen.

Auch in Köln, wo Voges vergangenen Dienstag als neuer Intendant ab 2025/26 vorgestellt wurde, schob er erst einmal die Rockstar-Pilotensonnenbrille hoch, bevor er zu schwärmen begann: Der Rhein löse bei ihm einfach größere Gefühle aus als die Donau, betonte er da. Am Volkstheater wolle er noch zwei Jahre lang ein Feuerwerk entzünden, aber die Verlockungen der Heimat seien zu groß gewesen – Voges wurde 1972 in Düsseldorf geboren. Überrascht war eigentlich niemand, dass Voges keine Verlängerung in Wien mehr anstrebt – Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler hätte ihn mit großer Wahrscheinlichkeit gern auf eine zweite Vertragsdauer behalten. Voges und sein Team kämpften mit der Auslastung (nach 44 Prozent in der Saison 2021/22 stieg diese 22/23 im Haupthaus auf 68 Prozent). Mit 830 Sitzplätzen gehört das Volkstheater zu den größten Theaterhäusern im deutschsprachigen Raum. Das frühere, eher konservative Abo-Publikum war weitgehend weggebrochen, ein jüngeres Publikum ging eher spontan in Vorstellungen.

Voges hat das beste Ensemble der Stadt, das sich jeden Abend mit beeindruckender Verve verausgabt. Gerade weil Martin Kušej am Burgtheater schwächelte, war Voges eine willkommene Alternative: Man war stets überrascht von den Dingen, die einen erwarteten. Das war entweder ein Konzert, dann wieder ein ungeahnter Bestseller wie Claudia Bauers surrealer Jandl-Abend „humanistää!“. Körpertheater stand hoch im Kurs, ungewöhnliche, komödiantische Zugänge, die nicht nur Texte feierten. Zugleich wirkten die Inszenierungen von Voges selbst oft erstaunlich blass: gigantische Materialschlachten, die letztlich hohl erschienen. Auch andere Regiearbeiten blieben hinter den Erwartungen zurück, etwa der aseptische „Würgeengel“. Das Konzertprogramm war spannend, aber doch ein wenig zu sehr von alten weißen Männern dominiert.

Keine Frage: Voges’ Abtritt ist ein Verlust für die heimische Theaterlandschaft. Kulturstadträtin Kaup-Hasler beneidet man nicht um ihre Aufgabe, eine Nachfolge zu finden: Als Traumjob galt das Volkstheater noch nie. Da hat auch Voges’ beherzter Zugriff auf das frisch renovierte Haus wenig verändert.

Karin   Cerny

Karin Cerny