Feminismuskritikerin und Popautorin Ronja von Rönne

Ronja von Rönne und Barbi Marković: Lustlosigkeitsallüren

Ronja von Rönne und Barbi Marković: Lustlosigkeitsallüren

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Ein keckes „Fräuleinwunder“ hält die Feuilletons in Atem: 24 Jahre jung, selbstbewusst im Auftreten, enervierend-provokant in ihren Thesen, scheint Ronja von Rönne, Ex-Model, mehrfache Studienabbrecherin und Bloggerin, wie geschaffen dafür zu sein, die Aufbruchssehnsucht des deutschen Literaturbetriebs zu befeuern. Das Phänomen RvR kam vergangenen April ins Rollen, als die frischgebackene Feuilletonredakteurin der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ für ihre himmelschreiend süffisante Polemik gegen den Feminismus, dem Rönne allen Ernstes Ekel-Potenzial attestierte, einen veritablen Shitstorm erntete.

Die ganze Party war als Konjunktiv gedacht

Nun hat RvR, die beim vorjährigen Bachmann-Preis-Lesen mit ihrem Text „Welt am Sonntag“ weit weniger polarisieren konnte, mit „Wir kommen“ einen Debütroman vorgelegt, der die gähnende Inspirationslosigkeit unseres Daseins sinnhafter Dekonstruktion zuführen will. Auf der Metaebene des Beobachtens des eigenen Beobachtens gestaltet sich das Leben der vier Protagonisten in diesem Roman gänzlich ohne Plot, als lose Verkettung von Augenblicksassoziationen, Unzufriedenheitsbekundungen, Müßiggangsallüren. Vergleiche mit Christian Krachts „Faserland“ verbieten sich: kein Aufbruch, keine Sensation, null Neuerung. Das auf dem Cover von „Wir kommen“ brennende Streichholz ist Attrappe. Hier brennt nichts. In Rönnes Sätzen regiert die blanke Lustlosigkeit. So gilt für das Debüt, was für die gegen Ende des Buchs stattfindende Feier feststeht: „Die ganze Party war als Konjunktiv gedacht, als ein Abend, an dem man Möglichkeiten sah, nur um dann zu wissen, dass man sie nicht wollte. Dass man sie nicht brauchte.“

Ronja von Rönne: Wir kommen, Aufbau. 208 S., EUR 19,50

Selbstreflexion

Sie haben in Berlin, Belgrad und Sarajevo ihr Glück versucht, aber so richtig geklappt hat es mit der Karriere nirgendwo. Die drei Frauen verbindet ihr „Urpessimismus“, ein „Gefühl, das sagt, dass nichts jemals gut wird“. Mittlerweile leben sie in Wien, treffen sich jeden Samstag in einem versifften Café und überlegen, an welchem Opfer sie ihre magischen Kräfte ausprobieren können: Ihnen steht der „Blitz des Schicksals“ und die „Auslöschung“ zur Verfügung. Aber eigentlich träumen sie davon, endlich anzukommen, vorzugsweise im Mittelstand. Bekannt wurde Barbi Marković, 1980 in Belgrad geboren, mit ihrem originellen Thomas-Bernhard-Remix „Ausgehen“ (2009).

„Superheldinnen“ ist eine aberwitzige Reise in die paradoxen Abgründe des Neoliberalismus.

Für „Superheldinnen“, ihren jüngsten Roman, hat sie sich erstaunlich lange Zeit gelassen, was wohl auch daran liegt, dass sie zuerst auf Deutsch zu schreiben begonnen hatte, dann aber doch auf ihre Muttersprache umschwenkte. Ihren schwarzen Humor hat sie zum Glück nicht verloren: „Superheldinnen“ ist eine aberwitzige Reise in die paradoxen Abgründe des Neoliberalismus. Die trotzigen Heldinnen wollen sich verweigern, gleichzeitig hätten sie gern Flachbildschirme und Shopping-Möglichkeiten, die ihnen durch einen Gewinn im Kasino am Ende sogar gewährt werden. Dem Konsum entkommt man nicht. Die Sprache der Autorin schlägt so viele Haken wie ihre Geschichte, der lakonische Witz ist dabei ein idealer Kitt: „Das Leben kannten wir in schlechtem Licht, wie den Körper eines kranken Klienten, den wir schon oft gebadet und an- und ausgezogen hatten. Wir hatten Erfahrung, und wir hatten die Nase voll.“

Barbi Marković: Superheldinnen. Aus dem Serbischen v. Mascha Dabić. Residenz. 188 S., EUR 18,90

Karin   Cerny

Karin Cerny