Gefahr liegt in der Luft: Neues von Meistererzähler T.C. Boyle
Der Romancier T.C. Boyle, 76, ist für mindestens zweierlei weit über die USA hinaus bekannt. Da wären seine inhaltssatten Romane, Prosadestillate aus verwobenen Geschichten und Nebenwegen, Haupt- und Nebensträngen. Zweitens kommen Boyle, dem Könner kühner literarischer Bilder, dem Dialogdrechsler und Metaphernmeister, die eskalierenden Gemütszustände seiner oft von Ängsten und Nöten geplagten Helden gerade recht. Unverdrossen sendet Boyle seit Jahrzehnten seine als Romane kaschierten Großessays über die Beschaffenheiten des menschlichen Zusammenlebens in die Welt – 1972 veröffentlichte Boyle, der damals seinen Mittelnamen John in Coraghessan, den Nachnamen eines entfernten Verwandten, änderte, seine erste Kurzgeschichte; es folgten Romane über Drogen („Grün ist die Hoffnung“), Gesundheitskult („Willkommen in Wellville“), Psychoanalyse (Riven Rock“), Umweltschutz („Ein Freund der Erde“), Hippie-Kultur („Drop City“), Prüderie („Dr. Sex“), Identitätssuche („Talk Talk“).
In „No Way Home“, seinem jüngsten Roman, umkreist der Autor sein Kerngebiet: eine Frau (Bethany) und zwei Männer (Arzt Terry; Motorradfan Jess) plus sich steigernde (Hahnen-)Kämpfe in den Mojave-Wüstengebieten Nevadas. Jess und Terry treffen unter heißer Sonne aufeinander, Gefahr liegt in der Luft: „Aber dann kamen die brüllenden Motorräder. Sie erschienen urplötzlich, explosionsartig über dem Hügelkamm, als wären sie von einer übergroßen Kanone verschossene Projektile.“ Einer der beiden wird im Wüstensand liegen bleiben. Es wäre nicht Boyle, steigerte er diese Ménage-à-trois nicht so gekonnt wie perfide in immer neue Wendungen. Kein Weg zurück, nirgends. Große Boyle-Prosa.