Kultur

Kühe herzen, Drachen bändigen

Wolfgang Paterno über den Vorarlberger Schriftsteller Franz Michael Felder, von dem man nie genug bekommen kann.

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Wie lässt sich ein Dasein zwischen Aufrührer und Aufklärer, Bauern und Bauernschreck, Moralfeind und Menschenfreund am ehesten auf den Punkt bringen? Vielleicht am besten so: „Ich war ein unruhiger Kopf“, so hat der Ö1-Radiomacher und Autor Heinz Janisch seine Hommage an den Vorarlberger Schriftsteller Franz Michael Felder, der mit nur 29 Jahren am 26. April 1869 an Tuberkulose starb, überschrieben; die Bregenzer Illustratorin Sophia Weinmann hat Zeichnungen beigesteuert, auf denen Franz Michael aus Büchern springt, Kühe herzt, Drachen bändigt. Mit anderen Worten: „Ich war ein unruhiger Kopf“ (NordSüd Verlag) ist ein Buch für Felder-Freunde – und für all jene, die es werden wollen. Es zahlt sich aus, Felder zu lesen, so oder so: Man lernt, was es heißt, genau zu beobachten, kämpferisch für seine Sache einzustehen, gegen den Strom zu schwimmen. Felder hat uns, verwunderlich genug, auch 150 Jahre nach seinem Ableben viel zu sagen. 

Für die wenige Zeit, die er neben seiner Bauernarbeit und den vereinzelten Reisen dem Schreiben opfern konnte, hat er ein erstaunlich umfangreiches Werk hinterlassen. Zig Bände, von seinem Erstling, der herzbewegenden Erzählung „Nümmamüllers und das Schwarzokaspale“ (1863), über die Autobiografie „Aus meinem Leben“ (1904 posthum erstmal erschienen) bis zu seinem letzten Roman, dem Dorfgeschichtenreigen „Reich und Arm“ (1868). Es sind Bücher, die nie nach Enzyklika klingen, mit Sätzen, die kaum je lehrbuchhaft sind und ins Herz treffen. „Daheim war ich glücklich“, notierte Felder, als am 31. August 1868 überraschend seine Ehefrau Anna Katharina starb, sein über alles geliebtes „Wible“: „Da konnte der Sonderling sich wohl sein lassen wie andere Menschenkinder, da ward er verstanden, und nun auf einmal sollte das aus sein, alles aus, nichts mehr da als fünf unerzogene Kinder, die nicht mehr der Mutter klangvolle Stimme heim ruft. Es ist schrecklich ungeheuer.“

Franzmichel ließ selbst den Autor dieser Zeilen zum Vereinsmeier werden. Felder und ÖAMTC. Das sind jene Clubs, die regelmäßig Geld überwiesen bekommen. Meine Mitgliedschaft im Bregenzer Felder-Verein datiert vom 17. Mai 2004, was mich daran erinnert, dass der Mitgliedsbeitrag 2023 noch immer nicht beglichen worden ist. Ach, Franzmichel, verzeih! Deine Ratschläge sind bekanntlich unbezahlbar: „Man kann sein Glück bei den Menschen finden“, lässt du uns in „Ich war ein unruhiger Kopf“ wissen, „aber auch in den Büchern. Beides ist überaus kostbar.“

Wolfgang   Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.