Brexit: Kein Nachgeben für Blockierer!

Otmar Lahodynsky: Kein Nachgeben für Blockierer!

Der Aufschub des Brexit darf nicht zu einer Lähmung der gesamten EU führen. Bisher haben sich die Briten um ihre EU-Partner so gut wie gar nicht gekümmert.

Drucken

Schriftgröße

Die Briten haben also eine Verlängerung rund um den Brexit bis Ende Oktober zugestanden bekommen. Das ist von den 27 EU-Partnern mehr als eine noble Geste: Denn die Regierung in London hat bisher im ganzen Brexit-Chaos nie auf ihre EU-Partner Rücksicht genommen. Warum hat Theresa May erst vor zwei Wochen Verhandlungen mit der Labour-Party aufgenommen? Sie hätte von Anfang wissen müssen, dass der EU-Austrittsvertrag nicht nur am Widerstand von Tory-ParteikollegInnen in Westminster scheitern würde.

Wenn die Briten an der EU-Wahl teilnehmen (müssen), dann könnten EU-feindliche Europaabgeordnete das ohnedies wachsende Lager der EU-Gegner stärken

Jetzt drohen eine Verlängerung des Brexit-Chaos und eine Lähmung der gesamten EU-Politik. Wenn die Briten an der EU-Wahl teilnehmen (müssen), dann könnten EU-feindliche Europaabgeordnete das ohnedies wachsende Lager der EU-Gegner stärken. So manche wichtige Beschlüsse – von der Migration bis zum Klimaschutz - wären dann von dieser Fraktion, der auch die FPÖ-Abgeordneten angehören werden, zumindest zeitweilig blockiert.

Sehr spät melden sich jetzt einflussreiche Brexit-Anhänger zu Wort, die vor den Folgen eines EU-Austritts warnen. Der prominente britische Journalist Peter Oborne, der in den letzten Jahren für die „Daily Mail“ viele Kolumnen für den Brexit geschrieben hat, warnte nun in einem langen Beitrag vor den massiven Folgen eines Austritt aus der EU. Künftige Generationen in seinem Land könnten – so Oborne - den Brexit-Befürwortern diese folgenschwere Entscheidung nie verzeihen. Schon hätten etliche japanische und europäische Konzerne wegen des nahenden EU-Austritts ihre Fabriken oder europäischen Hauptquartiere aufs Festland verlegt.

Zudem sei erst jetzt klar geworden, dass es – wegen Fake News und ausländischer Einflussnahme - keine freie Entscheidung beim Brexit-Referendum gegeben habe. „So viele Fakten haben sich geändert, dass es jetzt nur sinnvoll erscheint, die wichtigste Entscheidung für Jahrzehnte zu überprüfen“, schreibt Oborne. Die Regierung in London müsste das Verlängerungsangebot der EU-Partner mit beiden Händen ergreifen.

Aber dann klingt doch wieder die alte Kritik der Brexiteers durch: May sei mit ihrer Politik gegen Migration an EU-Beschlüssen gescheitert, so Oborne. Da verschweigt der Kommentator die Tatsache, dass britische Politiker an allen Regelungen der EU in Brüssel gleichberechtigt mitgewirkt haben und eigentlich so gut wie nie überstimmt wurden.

Die Briten müssen sich nun – trotz der gewährten Nachdenkpause - ein für allemal entscheiden: Wollen sie aus der EU austreten und ihr Glück wirklich in „splendid isolation“ versuchen? Oder wollen sie – als großes EU-Land und Mitglied des UN-Sicherheitsrates mit Atomwaffen - bei einem gemeinsamen Projekt weiter mitwirken, das Europa für die nächsten Jahre im globalen Wettbewerb stärken soll. Die wichtigsten Zukunftsfragen lassen sich nicht durch einen Rückzug in Nationalstaaten lösen. Das scheinen nun – endlich - sogar ehemalige Hard-Brexiteers verstanden zu haben.