Rainer Nikowitz
Satire

Rainer Nikowitz: Atompilz von rechts

Wladimir Putin geht mit seinen nie gegebenen Interviews sehr sparsam um. Aber für uns – und Karl Nehammer – ist er natürlich immer zu sprechen.

Drucken

Schriftgröße

profil: Mahatma Putin! Jetzt haben wir uns schon eine Weile nicht mehr gesprochen. Ich würde schätzen, das ist sicher ein, zwei Atomkriegsdrohungen her. 
Putin: Guter Hinweis, er bringt mich gleich zum wichtigsten Inhalt dieses Interviews. Schreiben Sie: Niemand kann schönere Atompilze machen als die große russische Nation!

profil: Wer würde das bezweifeln? Wobei … Ist eh alles vorrätig für die? Nicht, dass die Sanktionen am Ende auch noch einen Engpass bei roten Knöpfen oder so hervorrufen.
Putin: Witzig! In Russland würden Sie große Karriere machen. Ich bin mir sicher, der ganze Nawalny-Trakt im Gulag würde sich blendend unterhalten. Haben Sie noch andere beeindruckende Fragen?

profil: Eigentlich wollte ich nach den nicht abreißen wollenden Triumphen bei Ihrer Spezialoperation in einem Land, das es gar nicht geben dürfte, nur wieder einmal nachfragen, ob es Ihnen eh noch gut geht. 
Putin: Ihr Westjournalisten seid doch alle so tolle Küchenpsychologen. Also: Wie werde ich mich Ihrer Meinung nach schon fühlen, wenn ich dauernd mit Atomwaffen drohen muss?

profil: Nun ja. Lassen Sie mich raten: Langsam wahrscheinlich ein bisschen wie der kleine blade Nordkoreaner. 
Putin: Der Vergleich ist jetzt aber unnötig drastisch formuliert. Ich würde mich niemals so gehen lassen wie der. Wie soll man denn da vernünftige Oben-ohne-Fotos beim Fischen machen?

profil: Das muss doch eigentlich schrecklich sein. Dieses nagende Gefühl, dass man trotz allem, trotz aller Raketen und Drohgebärden, letzten Endes nicht wirklich ernst genommen wird, oder? Zumindest bei Weitem nicht so, wie man es in seinem leicht beschädigten Selbstbild für angemessen hält.  
Putin: Und das sagt mir ausgerechnet einer aus einem Land, das noch bedeutungsloser ist als Bulgarien – und noch abhängiger von russischem Gas? Mutig!

profil: Ich räume ein, dieser Einwand ist nicht völlig von der Hand zu weisen.
Putin: So hat halt jeder seinen Rucksack zu tragen. Oder wie in unserem Fall: seine drei Buchstaben.

profil: Welche drei Buchstaben?
Putin: FSB – und OMV. Also mein Geheimdienst und Ihr Energieversager. 

profil: Ihr Deutsch ist an sich ja ausgezeichnet. Aber es heißt eigentlich: „Energieversorger“.
Putin: Ich weiß. Aber nur, wenn es auch einer ist. 

profil: Und was haben jetzt FSB und OMV miteinander zu tun?
Putin: Die einen haben die Ukraine nicht verstanden – und die anderen Russland.

profil: Beides probiert, kein Vergleich in den Auswirkungen. 
Putin: Einerseits. Andererseits ist mein Fehler wenigstens schnell zu korrigieren – aber ihr braucht noch zehn Jahre mein Gas.

profil: Die Deutschen, die Italiener und alle kaufen schon Flüssiggas und so, um von Ihnen wegzukommen. Und unsere Regierung … macht jetzt dann auch ein Konzept! Sofort! Bald. Wenn sie einmal Zeit hat halt. Da werden Sie aber schön schauen! Da hilft Ihnen dann auch kein Freundschaftsvertrag mit der FPÖ mehr.
Putin: Ich muss schon sagen: Unter all den Gegnern, mit denen ich mich im Moment herumschlagen muss, zählt Österreich sicherlich zu den unangenehmsten. 

profil: Aber wir sind andererseits dann auch wieder nicht so. Und darum wissen wir auch einen super Ausweg. 
Putin: Und der wäre?

profil: Sag ma einfach, es war nix – und dann werma a kan Richter brauchen. So geht Diplomatie auf Österreichisch.
Putin: In der UNO werden sie gerade blass vor Neid. 

profil: Die kennen das eh. Dort heißt das „Waldheim-Doktrin“.
Putin: Das geht aber so nicht. Ich brauche einen Sieg. Oder zumindest etwas, das ich den Analphabeten in den weiten Ebenen hinter Novosibirsk als Sieg verkaufen kann. 

profil: Wir haben aktuell gerade keine Außenministerin, die auf dem Heiratsmarkt wäre – aber wie wäre es mit einer Einladung zu einem Heurigenbesuch mit unserer Kanzlergattin und ihren zwei liebsten Leibwächtern?
Putin: Das ist nicht gerade die Art von Sieg, die mir vorschwebt. Ich denke da eher an so etwas wie den Kopf von Selenskij am Ortsschild von Odessa. 

profil: Ich hab’s befürchtet. Aber einen Versuch war’s wert. 
Putin: Ich habe noch eine Mitteilung für die Menschen in Österreich. Schreiben Sie: Niemand kann schönere Atompilze machen als die große russische Nation!

profil: Aber Sie würden doch sicher keine Atombombe für Wien verschwenden. 
Putin: Das ist wahr, das zahlt sich nicht aus. Gut, dann drohe ich halt mit dem anderen: Der nächste Winter kommt bestimmt! 

profil: Wir fürchten uns.
Putin: So soll es sein. Und bleiben.

Rainer   Nikowitz

Rainer Nikowitz

Kolumnist im Österreich-Ressort