Die Wirtschaftskammer und das Geld anderer Leute
Da wird von unseren Politikern immer verlangt, dass sie mutige Entscheidungen treffen, und kaum tun sie es, ist es auch wieder nicht recht. Gleich zwei traurige Beispiele für diese fortgesetzte Ungerechtigkeit, die von der Welt verübt wird, ereigneten sich in der verwichenen Woche, sie hören auf die Namen Harald Mahrer und Michael Ludwig. Diese beiden zupackenden Herren wurden ja – in allerdings sehr unterschiedlicher Intensität – im Wesentlichen für etwas kritisiert, das in anderen Bereichen, ich denke da nur zum Beispiel an einen erfolgreichen Hedgefondsmanager, als geradezu herausragend positive Eigenschaft gefeiert werden würde: ihren mutigen Umgang mit Geld, und zwar dem Geld anderer Leute. Der Umstand, dass Menschen einem Hedgefonds ihr Geld in der Regel ein bisschen freiwilliger in die Hand drücken als einem Harald Mahrer, sollte hier keinen Unterschied machen. Entscheidend ist schließlich allein das Ergebnis, also der Gewinn.
Und es kann ja nun wohl niemand ernsthaft behaupten, dass sich die Investments in die Wirtschaftskammer, die Österreichs Unternehmen in sicherlich flächendeckend freudestrahlender Regelmäßigkeit leisten dürfen müssen, nicht bezahlt gemacht hätten. Also für die Kammer zumindest. Und für die ÖVP, gewisse Überschneidungen soll es da ja angeblich durchaus geben. Zwei Milliarden Vermögen, bitte! Was man damit alles anstellen könnte! Damit könnte die Kammer locker das Burgenland kaufen. Also wenn sie es denn haben wollte – was allerdings eher auszuschließen ist, denn dort wird ja rot gewählt, also bei Lohnverhandlungen sicherlich eine überzogene Erwartungshaltung an den Tag gelegt, die Harald Mahrer keinesfalls goutieren kann, wie er ja in vielen Interviews klargestellt hat.
Wenn man trotz eines Heers von Überbezahlten dennoch zwei Milliarden auf die hohe Kante legen kann, dann beweist das ja wohl eindeutig, dass man mit Geld umzugehen weiß.
Wobei er ja diesen Austeritätskurs, der die einzige Möglichkeit bei allen anderen darstellt, beim eigenen Personal und vor allem den eigenen Funktionären zugegebenermaßen ein wenig aufgeweicht hat. Aber wer bitte, wenn nicht die Kammer, soll es sich denn sonst leisten können, die braven Mitkämmerer angemessen am überragenden Betriebserfolg teilhaben zu lassen? Und außerdem: Wenn man trotz eines Heers von Überbezahlten dennoch zwei Milliarden auf die hohe Kante legen kann, dann beweist das ja wohl eindeutig, dass man mit Geld umzugehen weiß.
Zumindest einnahmenseitig.
Letzteres könnte Michael Ludwig im Prinzip auch gut, schließlich ist die SPÖ generell eher nicht als Partei bekannt, die auf der Suche nach neuen Steuern lange um eine Idee verlegen ist. Allein: Der Wiener Bürgermeister ist ja leider nicht der Bund. Er kann also gar keine Steuern einheben – sondern nur welche ausgeben. Und das kann er sehr gut – ohne Konjunktiv.
Denn dass das österreichische Budgetdefizit, wie jetzt bekannt wurde, statt ohnehin schon höchst unerfreulicher 4,5 Prozent nunmehr sogar 4,9 Prozent betragen wird, geht im Wesentlichen auf die Kappe von Wien, das muss man selbst als Bewunderer mutiger Politiker einräumen. Aber von nichts kommt bekanntlich nichts, und Wien bleibt halt nur Wien, wenn man Probleme, sowie man sie nicht mehr leugnen kann, mit Geld zuschüttet. Außerdem ist die Hauptstadt ja damit konfrontiert, dass sie andauernd Leute versorgen muss, die aufgrund gewisser Pull-Faktoren – die gewisse Leute nicht sehen wollen! – von außerhalb in die Stadt kommen und denen das gar nicht zusteht. Und das kostet halt. Aber: Dieser Missbrauch wird jetzt ohnehin abgestellt.
Denn Peter Hacker, Wiener Sozialstadtrat, der nahezu grenzenlose Kompetenz mit kaum jemals zuvor gesehenen Sympathiewerten zu verquicken versteht, hat seinen Crackdown gegen zwielichtige Secondhandshops, in denen arglosen Migrant:innen angeblich kaum getragene, unterteuerte Kinderkleidung angedreht wurde, zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht – und jetzt also Zeit für neue Projekte. Also schützt er nunmehr, da alle bisherigen Maßnahmen nicht abschreckend genug waren, persönlich das AKH vor Eindringlingen aus Niederösterreich und dem Burgenland. Die sind nämlich nicht nur keine Autochthonen, sondern außerdem auch noch alle Hypochonder. Beinahe unnötig zu erwähnen, dass durch diese beherzte Intervention die unkontrollierte Masseneinwanderung aus den feindlichen Provinzen in das Wiener Medizinsystem beinahe gänzlich zum Erliegen gekommen ist und die beglückten Hauptstädter in den schließlich von ihnen finanzierten Spitälern wieder unter sich und damit fast schon ein bisschen einsam sind.
Aber das allein wird natürlich nicht reichen, die Stadt Wien wird überhaupt gezwungen, nächstes Jahr, äh, eisern zu sparen. Und Harald Mahrer? Der musste gleich seinen Hut nehmen. Undank ist halt der Welten Lohn.