Robert Treichler: Ha. Ha. Ha … Hm.

Robert Treichler: Ha. Ha. Ha … Hm.

Warum Schadenfreude auf Kosten der Republikaner unangebracht ist.

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Man kann sich leider nicht immer aussuchen, wer einen zum Lachen bringt. Im schlimmsten Fall ist es Donald Trump. Der wahrscheinlichste Kandidat der Republikaner bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr ist wie ein Knallfurz während eines Pianissimo: irrsinnig peinlich und irrsinnig komisch.

Er verhöhnt seine Kontrahentin Hillary Clinton, weil sie nach der Pause während einer TV-Debatte verspätet von der Toilette zurückkommt: „Ich weiß, wo sie war. Es ist ekelhaft.“ Er verspottet vor laufenden Kameras einen nicht anwesenden Journalisten wegen dessen Behinderung; er macht sich über das Aussehen seiner republikanischen Mitbewerberin Carly Fiorina lustig: „Carly – ich meine, seht euch das Gesicht an!“ Man wendet sich ab und schämt sich für das eigene Grinsen.

Alle Medien gingen davon aus, dass Trump in den Umfragen rasch abstürzen würde. profil war da keine Ausnahme. Doch in einem Monat stehen die ersten Vorwahlen an, und Trump ist immer noch da, ausfällig und unverschämt – und er steht an der Spitze des republikanischen Feldes.

Jetzt gibt es wieder etwas zum Grinsen, und obwohl es um Trump geht, ist es nicht mal anstößig. Die Geschichte geht so: Trump schafft die Kandidatur, macht dabei nicht nur sich, sondern auch die Republikanische Partei unmöglich, und am Ende lachen Hillary Clinton als sichere US-Präsidentin und die Demokraten als einzige mehrheitsfähige Partei. Hahaha!

Hm. Auch dieses Lachen könnte uns noch gefrieren. Denn was die USA in diesem Vorwahlkampf erleben, ist nicht das übliche Match zwischen progressiv und konservativ. Diese Auseinandersetzung kann nicht stattfinden, denn die konservative Republikanische Partei ist gar nicht mehr da. Trump hat sie gekapert und durch eine Krawall-Kandidatur ersetzt.

Donald Trump erwägt zum Beispiel, Muslime bei der Einreise in die USA registrieren zu lassen. Welcher konservative Wert soll dahinterstehen? Die Freiheit des Einzelnen? Ein schlanker Staat? Verfassungstreue? Patriotismus? Nichts von alldem. Trump lässt niedrigen Instinkten freien Lauf und stilisiert Rassismus, Sexismus und schiere Blödheit zu Waffen gegen das Establishment, zu dem er alle Institutionen zählt, von der Regierung bis zur politischen Korrektheit.

Das erste Opfer dieser Vendetta ist – die Republikanische Partei. Sie ist daran nicht unschuldig, sie hat in den vergangenen Jahren mit verantwortungsloser Blockade­Politik gegenüber der Regierung von Barack Obama den Boden für eine Figur wie Trump bereitet. Dabei bezog sie irrwitzige Positionen, die bisweilen – wie in der Klimapolitik – der wissenschaftlichen Faktenlage spotten, bisweilen – wie in der Waffengesetzgebung – dem baren Verstand.

Die amerikanische Politik basiert auf dem Wechsel und auf Kompromissen.

Dennoch brauchen die USA eine Republikanische Partei, und zwar eine, die zur Vernunft zurückgekehrt ist. Aus mehreren Gründen: Erstens sind die Republikaner trotz aller ideologischen Verirrungen derzeit stark wie nie. Sie verfügen nicht nur über die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses, sie haben landesweit in den einzelnen Staaten so viele Abgeordnete wie zuletzt im Jahr 1920. Auch eine Präsidentin Hillary Clinton wird sich dieser Übermacht gegenübersehen.

Zweitens sind die Werte, die von den Republikanern traditionell vertreten werden, nicht einfach verzichtbar. Der aktuelle Zustand der Partei trübt den Blick auf historische Errungenschaften – die Abschaffung der Sklaverei, der Civil Rights Act – und permanente Anstrengungen – um individuelle Freiheiten, ein ausgeglichenes Budget, eine starke Armee.

Drittens ist ein Zweiparteiensystem minus eine Partei rein rechnerisch alarmierend und politisch ein Krisenszenario. Die amerikanische Demokratie basiert auf dem Wechsel und auf Kompromissen. Drei verlorene Präsidentschaftswahlen in Folge sind noch nicht das Ende des demokratischen Alternierens, schließlich hatten auch die Demokraten 1981, 1985 und 1989 drei Mal in Folge das Nachsehen. Doch wie sollen Abtausch und Verhandlungen funktionieren, wenn Leute wie Donald Trump auf der einen Seite stehen?

Mit dem, was man gemeinhin unter Politik versteht, hat Trump nichts am Hut. Er ist Michel Houellebecq, Dieter Bohlen und Frank Stronach unter einer einzigen fragwürdigen Frisur, und damit ist allen dreien Unrecht getan, nicht aber Trump selbst. Die Frage ist: Wie kann man den Mann mit den vielen Bankrotten (vier), Eheverträgen (drei) und Parteizugehörigkeiten (drei) wieder dahin bringen, wo sein Talent für Fehlverhalten adäquat ist – ins Talk-Fernsehen?

Als die Demokraten in den 1970er- und 1980er-Jahren zu weit nach links gerückt waren, um mehrheitsfähig zu sein, organisierte eine innerparteiliche Bewegung – das Democratic Leadership Council – eine Wende zur Mitte, die unter der Bezeichnung „Dritter Weg“ bekannt wurde. Dazu brauchte es naturgemäß einen Leader. Er hieß Bill Clinton.

Wer könnte der Republikaner sein, dem Ähnliches gelingt? Jeb Bush? Okay, jetzt dürfen Sie lachen.

Robert   Treichler

Robert Treichler

Ressortleitung Ausland, stellvertretender Chefredakteur