Salzburg 2023

Salzburg-Wahl: Freiheitliche und Kommunisten siegen

Salzburg bringt ein neues Phänomen: Von der Unzufriedenheit der Bürger profitieren nicht nur rechte Parteien, sondern auch linke.

Drucken

Schriftgröße

Wilfried Haslauers politische Karriere begann mit einem Debakel. Im Jahr 2004 besiegte die SPÖ die ÖVP. Gabi Burgstaller wurde SPÖ-Landeshauptfrau, Wilfried Haslauer ihr Stellvertreter. Erst 2013 wurde Salzburg wieder schwarz – und Haslauer Landeshauptmann.

Fast wäre Wilfried Haslauers Karriere bei der Landtagswahl am Sonntag mit einem Debakel zu Ende gegangen. Am Nachmittag sah es so aus, als ob die FPÖ die ÖVP überholen könnte. Die Havarie blieb aus, der Schaden ist trotzdem beträchtlich. Die ÖVP erreicht nur noch 30 Prozent. Die FPÖ erzielt mit 26 Prozent das beste Ergebnis ihrer Geschichte.

Gründe für den blauen Erfolg sind ein tiefer Wunsch nach Veränderung und eine schlechte Grundstimmung als Folge der multiplen Krisen: Laut SORA-Umfrage sehen 42 Prozent der Salzburgerinnen und Salzburger die Entwicklung der letzten fünf Jahre negativ. Dazu gab es in Salzburg viele Impfskeptiker, die sich an der ÖVP für die Corona-Maßnahmen revanchierten. In der Gemeinde Kuchl im Tennengau, die im Oktober 2020 zwei Wochen lang unter Quarantäne gestellt wurde, erhielt die FPÖ 30 Prozent.

Kommt Schwarz-Blau?

Mit ihrem Wahlerfolg hat FPÖ-Chefin Marlene Svazek nun jede Legitimation, den Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung zu stellen. Kommt Schwarz-Blau, dann wohl ohne Wilfried Haslauer, dem die Freiheitlichen schon bisher nicht geheuer waren. Denkbar, aber unwahrscheinlich ist es, dass sich Haslauer zurückzieht und der bisherige Landesrat Stefan Schnöll, 35, Schwarz-Blau umsetzt.

Bleibt Haslauer, wird er alles daran setzen, eine Koalition mit der SPÖ (und - falls für die Mandatsmehrheit notwendig - den Grünen) zu bilden. Zumal es Salzburgs SPÖ-Chef David Egger billig geben dürfte. Dieser fuhr mit 18 Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1945 ein. Als Landeshauptmann-Stellvertreter in einer Koalition mit Haslauer müsste er nicht um den SPÖ-Vorsitz bangen, als Oppositionspolitiker schon eher. Die Grünen werden weiterhin in der Koalition bleiben wollen, der sie seit 2013 angehören. Bei der Wahl hielten sie mit acht Prozent (minus 1,5 Prozentpunkte) in etwa ihr Ergebnis von 2018.

Dass in Zeiten der Verunsicherung und Unzufriedenheit rechte Parteien gestärkt werden, ist ein bekanntes Phänomen. In Salzburg profitiert nun auch die Linke. Die KPÖ-plus und ihr Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl erreichten mit einem zweistelligen Ergebnis den Einzug in den Landtag. Der monothematische Wahlkampf um die Wohnkosten traf einen Nerv. In der Stadt Salzburg wurden die Kommunisten sogar zweitstärkste Partei.

Kommunist & Sozialist

Für die SPÖ-Mitgliederbefragung ist der Erfolg der KPÖ-plus durchaus relevant. Wie Dankl verfolgt auch der Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler einen linken bis linkspopulistischen Kurs. Wenn ein Salzburger Kommunist kein Bürgerschreck ist, kann es ein niederösterreichischer Sozialist auch nicht sein. David Egger steht im Lager von Hans Peter Doskozil. Das schwache SPÖ-Ergebnis ist daher auch ein Dämpfer für den burgenländischen Landeshauptmann.

Ränder werden stärker, wenn die Mitte – wie die Neos – schwächelt. Das Debakel der Pinken, die nach einer Legislaturperiode schon wieder aus dem Landtag fliegen, ist vor allem hausgemacht. Die Salzburger Neos waren zerstritten, Parteichefin Andrea Klambauer keine überzeugende Spitzenkandidatin. Es gelang in den vergangenen fünf Jahren nicht, Parteistrukturen aufzubauen. Dennoch ist das Ergebnis in Salzburg bitter für Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. Die Lehre: Nach wie vor verfügen die Neos nicht über genug Kernwähler, die das Überleben der Partei auch in schwierigen Zeiten sichern, wenn liberale Themen (Bildung, Transparenz, Deregulierung) nicht ziehen.

Die Salzburger Wahl zeigt: Die Politik in Österreicher wird noch fragmentierter. Dank Social-Media und frischer Kandidaten sind politische Start-ups zu raschem Wachstum imstande. Die politische Architektur Österreichs könnte nach der nächsten Nationalratswahl so aussehen: Den drei Mittelparteien ÖVP, SPÖ und FPÖ stehen die drei Kleinparteien Grüne, Neos und KPÖ-plus gegenüber – mit einigen möglichen Farbkombinationen.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.