Trump und Venezuela: Ausnahmsweise Krieg
Der größte Flugzeugträger der Welt, die USS Gerald R. Ford, ist im Einsatzgebiet in der südlichen Karibik, nördlich der Küste von Venezuela, eingetroffen. Dort kreuzen bereits weitere US-Kriegsschiffe. Zudem zeigen Satellitenaufnahmen der Nachrichtenagentur Reuters, dass die 2004 stillgelegte Militärbasis Roosevelt Roads auf Puerto Rico derzeit wieder einsatzfähig gemacht wird. Von dort aus könnten Kampfflugzeuge Ziele in Venezuela ansteuern.
Zwar beharrt das Weiße Haus noch auf der Sprachregelung, dass die Streitkräfte den Drogenschmugglern – von der US-Regierung „Narcoterroristen“ genannt – in der Karibik das Handwerk legen wollen, aber es ist längst nicht mehr zu leugnen: Es handelt sich um Vorbereitungen für einen Krieg. Das venezolanische Regime des linksgerichteten Diktators Nicolás Maduro soll ganz offensichtlich gestürzt werden.
Militärinterventionen mit politischem Hintergrund in Lateinamerika sind wahrlich keine Erfindung von Donald Trump. Im 20. Jahrhundert beteiligten sich die USA an so gut wie jedem militärischen Umsturz linksgerichteter Regierungen in Mittel- und Südamerika. An die Macht geputscht wurden dabei üblicherweise autoritäre, US-freundliche Regime. Eine Ausnahme war etwa die Invasion in Panama im Jahr 1989, als der Diktator Manuel Noriega durch einen demokratisch gewählten Präsidenten ersetzt wurde.
Aber halt! Der Begriff „Regimewechsel“ ist bei Donald Trumps „Make America Great Again“-Bewegung in etwa so beliebt wie „LGBTQ“ oder „Klimaschutz“. „Ich werde keine Kriege beginnen, ich werde Kriege beenden“, versprach Donald Trump in seiner Rede am Abend der Präsidentschaftswahl 2024. Er wolle amerikanische Ressourcen nicht in fernen Ländern vergeuden, um dort irgendwelche hehren Ziele anzustreben.
Alle „endlosen Kriege“ wurden ursprünglich als rasche Interventionen geplant.
Was bedeutet das im Fall Venezuelas? Amerikanische Medien berichten, gestützt auf anonyme Quellen im Umfeld der Regierung, dass gleichzeitig mit dem Aufmarsch vor der venezolanischen Küste im Hintergrund Gespräche mit der Regierung in Caracas geführt werden. Diktator Maduro soll gewissermaßen mit vorgehaltener Waffe dazu gedrängt werden, samt seinem Umfeld in einen befreundeten Staat (Kuba, Russland) ins Exil zu gehen. Auf diese Weise hätte Trump seine Ziele erreicht – die Eindämmung des Drogenschmuggels; ein Ende der Diktatur, die Millionen Flüchtlinge aus dem Land treibt; und die Eliminierung eines mit Iran und Russland verbündeten Regimes in geografischer Nähe zu den USA –, ohne einen Krieg zu führen.
Was aber, wenn Maduro sich nicht darauf einlässt? Angeblich hat er angeboten, die Bodenschätze seines Landes, vor allem die Erdölvorkommen, mit den USA zu teilen, wenn er im Gegenzug noch ein paar Jahre an der Macht bleiben darf.
Wenn jedoch alle Verhandlungen scheitern, wird Trump seinen Streitkräften wohl den Befehl zum Angriff geben, denn einfach wieder abzuziehen, bedeutete einen Triumph für Maduro.
Den Diktator zu stürzen, wäre moralisch vertretbar, allerdings schlitterten die USA damit wieder einmal in ein militärisches Abenteuer mit ungewissem Verlauf. Venezuela ist ein 30-Millionen-Einwohner-Land, und niemand kann vorhersagen, ob das venezolanische Militär desertiert und sich die Bevölkerung gegen den Diktator erhebt.
Trump wird sich dagegen sträuben, Bodentruppen zu entsenden, denn das wäre eine Rückkehr zur alten Interventionspolitik, die der MAGA-Bewegung so verhasst ist. Doch ein Regime ausschließlich mittels Luftschlägen verjagen zu wollen, ist riskant.
Ein Krieg bereitet immer Sorgen, und größere noch, wenn Donald Trump der Kriegsherr ist. Der Präsident weigert sich bisher, den Demokraten Informationen über die bereits erfolgten Zerstörungen von angeblichen Drogenschmuggler-Booten zugänglich zu machen. Er lässt den Kongress und die Bevölkerung über seine Absichten im Dunkeln.
Er sei dagegen, sich in „endlose Kriege“ zu verstricken, bekräftigte der US-Präsident kürzlich erneut. Allerdings wurden alle „endlosen Kriege“ ursprünglich als rasche Interventionen geplant.