Benko-Anklage: Jagd auf René Benkos Millionen

Die erste Anklage im umfangreichen Benko-Komplex ist da. Die WKStA wirft dem gefallenen Immobilien-Jongleur vor, Geld vor seinen Gläubigern beiseite geschafft zu haben. Wem gehört also Benkos Vermögen?

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Haben Sie gut geschlafen? Eine Person hat vermutlich keine so ruhige hinter sich – René Benko. Er sitzt ja seit über fünf Monaten in der Justizanstalt in Wien Josefstadt in Untersuchungshaft. Und gestern hat er eine ganz unerfreuliche Nachricht bekommen. Die Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wurde ihm zugestellt. Der gefallene Immobilienjongleur wird wegen betrügerischer Krida angeklagt, weil er Gläubiger mutmaßlich geschädigt haben soll, indem er Vermögen rechtzeitig vor der seiner Insolvenzeröffnung beiseitegeschafft haben soll. Die entsprechende Anklageschrift wurde beim Landesgericht Innsbruck eingebracht und somit auch dem Angeklagten zugestellt. 

Es ist die allererste Anklage im Benko-Signa-Komplex. Die allererst von vielen. Die WKStA ermittelt derzeit zu zwölf Sachverhalten. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass der eine oder andere Ermittlungsfall noch dazukommt. Nachdem Ende 2023 die Signa Gesellschaft um Gesellschaft wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel und in die Insolvenz schlitterte, war die Flut an Anzeigen von wütenden Gläubigern, Bürgern und Insolvenzverwaltern so groß, dass im Vorjahr eine eigene Soko Signa im Bundeskriminalamt eingerichtet wurde. Und die hat allerhand ermittelt.

In der jetzt vorliegenden Anklage geht es im Wesentlichen um die Frage: Hat René Benko vor seiner Insolvenz als Privatunternehmer Vermögen beiseite geschaffen, um es vor dem Zugriff seiner Gläubiger zu schützen? In zumindest zwei Fällen ortet die WKStA nun genau das.

Worum geht es hier konkret? Zum einen steht eine ziemlich große Mietvorauszahlung für das Haus der Familie Benko auf der Innsbrucker Hungerburg im Fokus der Ermittler. Am 6. Oktober haben René und Nathalie Benko einen zehnjährigen Mietvertrag für das Haus abgeschlossen, das eigentlich der RB Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG, die wiederum über eine Zwischengesellschaft zur Laura Privatstiftung gehört. Das ist eine jener Stiftungen, die zum Umfeld der Familie Benko gehört und deren Begünstigte Benkos Mutter Ingeborg ist.

Miete im Kreis geschickt?

Jetzt wird es etwas technisch und verwoben, wie so oft in Benkos Firmenreich: Am 6. Oktober überwies René Benko – Erkenntnissen der Ermittler zufolge – von seinem Girokonto 360.000 Euro als Mietvorauszahlung an die RB Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG. Zufall oder nicht: Am 5. Oktober, also einen Tag zuvor, hatte die Laura Privatstiftung ihm eine halbe Million Euro zukommen lassen. Ein paar Tage nach Leistung der Mietvorauszahlung überwies die Vermieter-Firma dann 340.000 Euro an ihre eigene Gesellschafter-Firma, die RB Immobilien GmbH – und diese übertrug in der Folge 300.000 Euro an die Laura Privatstiftung.

Die Ermittler glauben, dass dieses Geld für die Miete aus der Laura Privatstiftung stammt und letztlich im Kreis geschickt wurde. Benko selbst hat das in seiner Einvernahme selbstverständlich bestritten. Welche Version stimmt, muss das Gericht klären.

300.000 Euro geschenkt

Genauso wird wohl das Gericht klären müssen, warum Benko 300.000 Euro an seine Mutter zahlte. Am 29. November floss diese Summe unter dem Verwendungszweck „Rückführung Darlehn“ von Benkos Konto an seine Mutter. Auch hier glauben die Ermittler eben nicht an eine Rückzahlung, sondern daran, dass Benko Geld beiseiteschaffen wollte. Ein weiterer Zufall: Der 29. November 2023 war auch jener Tag, am dem die Dachgesellschaft der Signa, die Signa Holding, Insolvenz anmeldete und eine Kaskade an Insolvenzen im Signa-Reich auslöste, die binnen Wochen zum Kollaps der Signa-Gruppe führte. Und zur größten Pleite in Österreichs Wirtschaftsgeschichte mit über zwölf Milliarden Euro an Passiva.

Wem das Geld gehört, ist letztlich eine ganz entscheidende Frage in Benkos Insolvenzverfahren als Privatunternehmer. Wenn es ihm zugerechnet wird, bekommen es seine Gläubiger. Immerhin haben die Forderungen von über zwei Milliarden Euro angemeldet. Dazu gehören reiche Scheichs, die Millionen bei Signa versenkt haben, genauso wie kleine Betriebe, deren letzte Rechnung nicht überwiesen wurde aber auch Signa selbst.

Gehört das Geld Benko oder kann es ihm nachweislich zugeordnet werden, bekommen die Gläubiger einen Teil ihrer Schulden zurück. Gehört es Benkos Verwandten – seiner Frau, seiner Mutter, seinen Kindern – hat der Masseverwalter keinen Zugriff darauf. Im österreichischen Insolvenzrecht gibt es eben keine Sippenhaftung. 

Der mögliche Strafrahmen beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig, Benkos Anwalt Norbert Wess kann noch dagegen berufen. Benko selbst hat sämtliche Vorwürfe gegen ihn stets bestritten, es gilt vollumfänglich die Unschuldsvermutung. 

Pünktlich zur Anklage starten wir ab Freitag, den 18. Juli, wir eine neue Podcaststaffel zu René Benko in unserer Investigativreihe „Nicht zu fassen“. Der erste Teil endet mit der Signa-Pleite. Sie können alle Folgen hier nochmal anhören. Und seitdem hat sich einiges getan. Jetzt also beginnt also der nächste Akt.

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".