Störaktion bei Salzburger Festspielen

Festspiel-Crasher: Welche Extrem-Aktivisten Babler zum Gespräch lud

Andreas Babler suchte nach ihrer Störaktion bei den Salzburger Festspielen Kontakt zu den Gaza-Aktivisten. Jetzt rudert er dezent zurück. Wusste der Vizekanzler nicht, aus welcher Ecke sie kommen?

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Auch vier Tage nach der Eröffnung der Salzburger Festspiele sorgt eine Störaktion von sechs Gaza-Aktivisten für heftige Debatten. Wie konnten sie mit ihren satirehaft gefälschten Mitarbeiterausweisen („Salzburger Speibspiele“) die Kulturparty der Nation crashen? Am Mittwoch präsentierte die Leitung der Festspiele neue Erkenntnisse, wonach eine ehemalige Mitarbeiterin der Gruppe mit „internem Wissen“ beim Zutritt geholfen habe.

Die sechs propalästinensische Aktivisten – die nach eigenen Angaben zum Teil selbst jüdische Wurzeln haben – hatten die Bühne während der Rede von Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) gestürmt, sich mit Kunstblut besprüht und Slogans wie „Blut an euren Händen!“ oder „Free Gaza now“ gerufen. Kurz darauf wandte sich Babler via Social Media direkt an die Aktivisten und lud sie ein, mit ihm „gemeinsam politisch zu diskutieren“ und die Situation in Gaza „zu erörtern“. Kunst und Kultur müsse „Raum für Protest und Widerstand bieten“, meinte er und versicherte, die Proteste „inhaltlich“ zu teilen.

Die Aktivisten nahmen Babler umgehend beim Wort. „Wir nehmen Ihr Gesprächsangebot an. Nutzen Sie Ihre Vizekanzler-Position gegen den Völkermord“, hieß es in einer Presseaussendung der „Palästina Solidarität Salzburg“. Verlinkt wird darin auf die Seite der „Palästina Solidarität Österreich“ (PSÖ). Dort wird die „direkte Aktion gegen die Kriegsmaschinerie“ gefeiert und Babler vorab ausgerichtet, was man verlangt: Sanktionen gegen Israel. Wörtlich heißt es: „,Nie wieder!'“ muss für alle gelten. Es braucht Druck auf Institutionen, Parteien, Medien, Wirtschaft und Kulturszene. Österreich muss Sanktionen gegen Israel verhängen – jetzt“.

Altlinke Dogmatiker und junge Klimakleber

Dass dieses „Nie wieder!“, die zentrale Mahnung nach dem Holocaust an den europäischen Jüdinnen und Juden, nun von jenen verwendet wird, die Israel einen „Völkermord“ in Gaza vorwerfen, ist kein Zufall. Der Mitbegründer der PSÖ, Wilhelm Langthaler, sagte angesprochen auf die Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober 2023: „Terroristen sind in erster Linie die israelische Armee. Aber ja, nicht jede Aktion des Widerstands ist moralisch gerechtfertigt. Der palästinensische Kampf gegen das Apartheidregime Israel ist kein Mädchenpensionat. Der Ausbruchsversuch der Palästinenser aus dem Freiluftgefängnis Gaza kann mit dem Ausbruchsversuch der Juden aus dem Warschauer Ghetto verglichen werden.“ Diese Aussagen tätigte er in einem profil-Interview wenige Wochen nach den Hamas-Massakern in Israel.

Langthaler, Mitte 50 und vom Beruf technischer Angestellter, war selbst nicht unter den Festspiel-Crashern. Diese rekrutierten sich aus früheren Klimaklebern der „Letzten Generation“, darunter einer der Mitbegründer, David Sonnenbaum (37). Dieser hatte schon im Mai 2024 die damalige Verfassungsministerin und heutige Landeshauptfrau von Salzburg, Karoline Edtstadler (ÖVP), mit roter Farbe attackiert, die an Blut erinnern sollte. Anlass der Schüttaktion (nicht direkt auf ihren Körper) war die Europäische Antisemitismus-Konferenz, an der Edtstadler teilnahm. Schon damals habe er auf den „Völkermord“ Israels an den Palästinensern im Gaza-Streifen aufmerksam machen wollen, sagte er zu profil.

Seit Jahren nimmt der frühere Volksschullehrer und aktive Lebensmittelretter, der essbare Abfälle aus Supermarkt-Tonnen fischt, Anzeigen, Verwaltungsstrafen oder drohende Ersatzfreiheitsstrafen in Kauf. Als er mit dem Klima-Kleben fertig war, wechselte er nahtlos in den Gaza-Aktivismus. Klima-Ikone Greta Thunberg machte es vor. Sie legt sich auf Schiffen Richtung Gaza immer wieder mit den israelischen Behörden an. Übers Klima spricht sie dabei nicht mehr. Vom Klima nach Gaza: Als ideologischer Kitt dient diesen sprunghaften Aktivisten all das, was sie für das Übel der Welt verantwortlich machen: Kolonialismus, Imperialismus, Turbokapitalismus. Und all das verorten sie besonders in Israel. 

Wie Babler nun zurückrudert

Edtstadler meinte nach der Schüttattacke im vergangenen Jahr, es sei „beschämend, dass eine Antisemitismus-Konferenz ohne Polizeischutz nicht mehr friktionsfrei abgehalten werden kann“. Ein Jahr danach wird wegen der Salzburger Festspiele intensiv über Sicherheitslücken diskutiert und die Polizeipräsenz bei künftigen Veranstaltungen verstärkt.

Babler muss sich angesichts seiner Einladungspolitik fragen, ob er die Aktivisten für weitere Aktionen extra motiviert hat. Vom Vizekanzler werden Demonstranten nicht alle Tage eingeladen. Er hätte sich bei den Grünen erkundigen können, wie fruchtlos Treffen zwischen Dogmatikern wie Klimaklebern und Politikern sind, die in einer Demokratie nach Konsens trachten müssen. Vielleicht ist diese Erkenntnis in Babler mittlerweile gereift. Am Dienstag ruderte er via „Kurier“ zurück. Die Einladung sei „nicht konkret an die Aktivisten gerichtet“, sondern „breiter gemeint gewesen“. Er wolle zum Beispiel NGOs wie Ärzte ohne Grenzen oder Amnesty International einladen. In seinem Social Media-Statement klang das noch ganz anders.

Clemens Neuhold

Clemens Neuhold

Seit 2015 Allrounder in der profil-Innenpolitik. Davor Wiener Zeitung, Migrantenmagazin biber, Kurier-Wirtschaft. Leidenschaftliches Interesse am Einwanderungsland Österreich.