
Ex-Kanzler Sebastian Kurz im Vojahr bei einem „Business Talk“ in Wien
Sebastian Kurz‘ geheimer Gipfel in Tirol
Ich habe die vergangenen Tage sehr oft „Sebastian Kurz“ gegoogelt und war danach erleichtert, dass die Konkurrenz offenbar anderweitig beschäftigt ist und mir diese Story noch nicht weggeschrieben hat. Ich hatte bisher schlicht keine Zeit, sie zu Papier zu bringen – aber, voilà, hier ist sie.
Also: Waren Sie schon einmal in Seefeld? Das ist ein recht schicker Ort in Tirol, mit recht schicken Hotels. Und das schickste ist wohl das „Sacher“ von Elisabeth Gürtler. Dort fand vor drei Wochen eine recht geheimnisvolle Veranstaltung mit dem Titel „Moving Mountains“ statt.
Gastgeber dieses klandestinen Zusammentreffens waren Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und sein Freund, Karl-Theodor zu Guttenberg, Ex-CSU-Politiker, heute Lobbyist und Berater. Etwa 80 Personen reisten an – teils mit Familie.
Die Gästeliste war hochkarätig: Mächtige Menschen aus der Politik – und milliardenschwere Investoren. Genauso, wie es Sebastian Kurz mag. Viele von ihnen landeten in ihren Privatjets in München und Innsbruck. Der türkische Finanzminister Mehmet Şimşek reiste ebenso an, wie eine deutsche Ministerin und Royals aus Middle-East sowie Orban-Politiker und Unternehmer.
Kurz macht im arabischen Raum Business – aber nicht nur dort. Das Headquarter seines derzeit potentesten Unternehmens „Dream“ ist in Israel angesiedelt. Kurz gründete es mit Shalev Hulio (ebenfalls anwesend). Der Mann gilt als Erfinder des Pegasus-Spionagesoftware, mit der etwa Ungarns Premierminister Viktor Orbán Medien und Opposition ausspähen ließ. Heute ist er, sagt er, auf der guten Seite. „Unsere Mission: Regierungen und kritische Infrastrukturen mit den Werkzeugen und Informationen auszustatten, die sie brauchen, um sich gegen Cyberbedrohungen durch Nationalstaaten zu verteidigen und die digitale Widerstandsfähigkeit zu sichern“, steht auf der Homepage. Freilich versucht profil schon lange herauszufinden, welche Nationalstaaten das sind – bisher gab man sich bei „Dream“ schweigsam. Die Gästeliste könnte aber Hinweise darauf geben, in welchen Ländern das Unternehmen Business betreibt.
Kurz pflegt in Israel beste Beziehungen – bis hinauf zu Israels Premier Benjamin Netanjahu, mit dem ihn auch nach seiner Zeit als Kanzler viel verbindet. Netanjahu Senior war nicht anwesend – der hat derzeit andere Sorgen. Dafür sein Sohn Avner Netanjahu. Auch andere, finanziell äußerst potente Investoren aus Israel waren zu Gast – und unterhielten sich dort vier Tage lang mit jenen, die sonst im Nahostkonflikt eher auf der anderen Seite stehen.
Auch Privatjets aus den USA landeten: Eric Schmidt - ehemaliger Google-CEO kam. Laut Bloomberg-Billionaires ist er der 45. reichste Mensch der Welt. Ebenso aus den USA kam Dovi Frances, israelisch-amerikanischer Risikokapitalmanager und Fernsehpersönlichkeit. Er gründete die Group 11, sein Fonds ist in Kurz' "Dream" investiert. Netanjahu Junior arbeitet ebenfalls für ihn.
Österreichische Prominenz
Aus Österreich anwesend: Eric Demuth, der Bitpanda-Gründer. Peter Mitterbauer, Miba-Boss und IV-Vize-Präsident. Alexander Schütz, Milliardär und Kurz-Geschäftspartner. Einst OMV-Manager und heute Gmundner-Keramik-Boss Markus Friesacher. Mit ihm gründete Kurz vor einem Jahr das Unternehmen „KFF Vision Green“, an dem auch ein Manager aus Abu Dhabi beteiligt ist, dem beste Kontakte zum geschassten OMV-Chef Rainer Seele nachgesagt werden. Kurz und Friesacher richteten übrigens auch diesen Sommer rund um die Salzburger Festspiele wieder das Event „Schinkenfleckerl und Gin“ gemeinsam aus. Seit René Benko sein alljährliches „Törggelen“ nicht mehr veranstaltet, pilgert die Prominenz aus Politik und Wirtschaft nun dorthin und buhlt um Einladungen.
Stammgäste auf jeder Kurz-Einladungsliste und darum auch in Seefeld anwesend: sein Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli, Ex-Finanzminister Gernot Blümel und Ex-Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger. Und ein aktiver Politiker war auch da: Alexander Pröll, ÖVP-Staatssekretär für Digitalisierung, Verfassung und öffentlichen Dienst.
Vier Tage lang unterhielt sich die erlesene Truppe in Seefeld über die Themen der Zukunft, im Speziellen die künstliche Intelligenz, Geopolitik – und den Wirtschaftsstandort Europa, mit dem man sich insgesamt nicht so zufrieden zeigte. Araber saßen mit Israelis und diskutierten den Nahost-Konflikt - übrigens am Vorabend des Waffenstillstand. Auch zwischen der Türkei und Israel gab es da große Meinungsverschiedenheiten – auch, wenn es um Zypern ging. Am Vormittag und Nachmittag gab es Keynotes und Diskussionen, dazwischen gehobene Küche und Alkohol. Für die Familien gab es Programm an der frischen Luft, von Wandern bis Kutschenfahrten. Gerüchtehalber wurde dafür sogar der Verkehr umgeleitet – profil konnte diese Information nicht verifizieren, diese könnte darum in den Bereich der Angeberei fallen.
Prinzipiell gaben sich alle Angefragten äußerst zugeknöpft, offenbar wurde Stillschweigen vereinbart. Warum eigentlich?
„Kein Kommentar“, heißt es auf profil-Anfrage von Sebastian Kurz.
Schade.
Übrigens: profil macht auch Veranstaltungen. Gar nicht geheim - wir wollen, dass es alle wissen. Wir sind dieses Jahr 55 Jahre alt geworden und haben darum im Theater Akzent eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel "55 Jahre unbequeme Wahrheiten" abgehalten. Am 27. November ist der vorerst letzte Termin zu profil & Ibiza, Casinos, Kurz, KTM. Hier gibt's Karten.
Von mir aus dürfen Sie das auch jedem erzählen. Wir erzählen Ihnen dann dafür die Schnurren zu unseren Recherchen.