René Benko
Morgenpost

Was versteckt René Benko?

Zentrale Firmen des Signa-Imperiums sind bei der Offenlegung ihrer Bilanzen säumig. Zumindest bei einer von ihnen soll es im Vorjahr einen Milliardenverlust gegeben haben.

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Eigentlich war es eine ganz harmlose Frage: „Können Sie uns die Jahres- bzw. Konzernabschlüsse der Signa Holding GmbH, der Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG für 2021 und 2022 – soweit diese bereits fertiggestellt sind – zur Verfügung stellen?“ Mit diesem Anliegen trat profil (erstmals) am 21. Juni 2023 an einen Sprecher des Signa-Konzerns des Tiroler Immobilien-Investors René Benko heran. Zuvor hatte sich die Signa auf aufsehenerregende Weise von der Möbelhauskette kika/Leiner getrennt. Das möglichst aktuelle Zahlenwerk des Konzerns zu studieren ist in so einem Fall ein durchaus üblicher Rechercheansatz. Alleine: Signa lieferte nicht.

Am 10. Juli 2023 fragte profil erneut nach den Konzernabschlüssen der zentralen Benko-Firmen Signa Prime und Signa Development. Und am 30. August 2023 noch einmal. Zwischendurch war profil tatsächlich einmal signalisiert worden, dass Signa das Zahlenwerk zur Verfügung stellen werde. Offenbar eine Finte. Bis heute drückt sich der Immobilienkonzern vor einer Offenlegung. Statt auf Transparenz setzt René Benko lieber auf Bilanz-Katz-und-Maus.

Dabei wurden mittlerweile sogar Zwangsstrafen verhängt: Lästigen Journalisten mögen Unternehmen ihre Jahresabschlüsse endlos vorenthalten dürfen, dem Firmenbuch aber nicht. Die Veröffentlichung der Bilanzen für das Geschäftsjahr 2021 wäre längst fällig gewesen. Die Strafen fürs Zuwiderhandeln, die sich im drei- bis vierstelligen Eurobereich abspielen, sind für einen Milliardenkonzern à la Signa freilich Peanuts.

Trotzdem stellt sich immer dringender die Frage: Was versteckt René Benko? Einen ersten möglichen Hinweis gab es Anfang der Woche, als die Austria Presseagentur (APA) über den Jahresabschluss 2022 der Signa Prime Selection AG berichtete, welcher der Agentur offenbar zugespielt worden war. Die kurze Zusammenfassung: starke Abwertungen beim Immobilienvermögen und ein Nettoverlust von gut einer Milliarde Euro. In der Signa Prime sind Immobilien in besten Stadtlagen gebündelt. Nun darf man gespannt sein, wie es im Vorjahr in der Signa Delevopment gelaufen ist, die sich um große Immobilienentwicklungen kümmert.

Ein Signa-Sprecher versuchte gegenüber der APA abzuwiegen: Unter der Berücksichtigung stiller Reserven hätte Signa Prime im Geschäftsjahr 2022 einen „adjusted profit“ von 90 Millionen Euro erzielt. Wenn alles so rosig wäre, stellt sich freilich die Frage, weshalb der Konzern das Zahlenwerk nicht längst mit stolz geschwellter Brust selbst veröffentlicht hat. Wenn es um Transparenz geht, wirken die Reserven im Reich von René Benko aktuell jedenfalls besonders still.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).