IMMOBILIEN

Kika/Leiner: Benkos harter Exit für 300 Millionen Euro

Die Signa-Gruppe trennt sich überraschend von jener Möbelhauskette, die sie bis zuletzt noch als „integralen“ Unternehmensbestandteil bezeichnet hatte. Ein Verkauf, der Fragen aufwirft.

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„Die im Juni 2018 übernommene Möbelhauskette kika/Leiner ist integraler Bestandteil von SIGNA Home & Lifestyle. (...) Die Eingliederung der Möbelkette in die SIGNA Gruppe war ein strategischer Schritt, der dem Unternehmen die einzigartige Chance für eine Neuorga-nisation und eine nachhaltige Zukunft eröffnete.“ Diese bedeutungsschweren Worte stammen nicht etwa aus längst vergangenen Zeiten. Sie zierten hingegen bis zuletzt (Stand Freitagnachmittag) die Website der Signa-Gruppe des Immobilieninvestors René Benko. Dabei war bereits zwei Tage vorher bekannt geworden, dass Signa einen Schlussstrich unter das fünfjährige Engagement bei Kika/Leiner zieht: Sowohl der Möbel handel als auch die dazugehörigen hochpreisigen Immobilien werden verkauft. Aus dem „integralen Bestandteil“ ist – schneller als die Website-Verantwortlichen der Signa reagiert haben – eine Geldquelle geworden. Ein Vorgang, der grundlegende Fragen mit Blick auf die milliardenschwere Immobiliengruppe aufwirft,die sich eigentlich auch im Handelssegment in der obersten Liga etablieren will.

Abverkauf startete schon 2022

Die rasch steigenden Zinsen der vergangenen Monate bringen nicht nur private Häuslbauer unter Druck, sondern könnten durchaus auch professionellen Immobilieninvestoren, die zu Zeiten günstiger Finanzierungskosten Zukäufe en masse getätigt haben, Kopfzerbrechen bereiten. Nach der Übernahme von Kika/Leiner im Zuge eines Notverkaufs durch den südafrikanischen Steinhoff-Konzern im Jahr 2018 setzte Signa bezüglich der Immobilienbeteiligungen zwei wichtige Schritte: Einerseits schlossen die Leiner Immobilien GmbH und die Kika Immobilien GmbH mit ihren Mietern (dem Möbelhandel) neue Mietverträge mit 15-jähriger Laufzeit, was langfristig stabile Einnahmen sichern sollte. Andererseits gingen die beiden Firmen und noch eine dritte Immobiliengesellschaft der Gruppe großvolumige Kreditverträge mit der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien ein. Per Jahresultimo 2021 waren daraus insgesamt rund 187 Millionen Euro offen – zuletzt sollen es noch rund 150 Millionen Euro gewesen sein.

Trotz aller Bekenntnisse zu Kika/Leiner startete der Abverkauf bereits Ende 2022 – wenn auch in kleinerem Rahmen. Wie das Magazin „Gewinn“ berichtete, veräußerte Signa für insgesamt rund 42 Millionen Euro damals drei Möbelhausstandorte an Firmen des Investors Klemens Hallmann. Zumindest eine dieser Immobilien hatte im Verlauf des Signa-Engagements eine rasante Wertsteigerung erfahren: Der Standort in der Wiener Sandleitengasse stand 2018 noch mit 8,7 Millionen Euro in den Büchern. Im selben Jahr wurde er innerhalb der Gruppe um 13,8 Millionen Euro an eine andere Firma weitergereicht – und ging letztlich Ende 2021 um 19,9 Millionen Euro an Hallmann.

Ein einsamer Ausreißer nach oben – oder lässt sich das auf den nunmehrigen Gesamtverkauf umlegen? Die verbliebenen Kika/Leiner-Immobilien wurde nun in einem Schwung an die Supernova-Gruppe des Fachmarkt-Investors Frank Albert veräußert. Medienberichten zufolge soll der Kaufpreis zwischen 400 und 500 Millionen Euro betragen. Rechnet man frühere Verkäufe dazu und zieht die Investitionen und die Rückzahlung der Raiffeisen-Kredite ab, soll Signa unterm Strich aus dem Kika/Leiner-Engagement ein Gewinn von rund 300 Millionen Euro bleiben. Gut möglich, dass der Erwerb 2018 ein echtes Schnäppchen war. In den kommenden Monaten wird man sehen, ob das frei gewordene Geld in neue Investments fließt – oder zur Stärkung der Liquidität herangezogen werden muss. Heftige Turbulenzen gab es bekanntlich zuletzt in Deutschland, wo Signa groß ins Kaufhausgeschäft eingestiegen ist – ein Bereich, der massiv mit den Auswirkungen der Corona-Krise kämpft.

Möbelhandel wird restrukturiert

Dem Vernehmen nach soll der Kika/Leiner-Verkauf bereits seit dem Vorjahr überlegt worden sein. Aus dem Unternehmen ist zu hören, dass man den stationären Möbelhandel in Österreich nun doch nicht mehr als strategisches Geschäftsfeld ansieht. Was bleibt: Signa macht Kasse mit Immobilien, die Mitarbeiter in den Möbelhäusern müssen sich hingegen auf Restrukturierungsmaßnahmen einstellen, welche die neue Eigentümerin des operativen Geschäfts – eine Beteiligungsgesellschaft des früheren Kika/Leiner-Geschäftsführers Hermann Wieser – bis Ende Juni vorlegen will.

Auf der Website von Leiner wird aktuell übrigens für 3674,25 Euro ein „Ecksofa Signa“ feilgeboten. Ein wesentliches Merkmal: „Sitzqualität Superlastic soft“. Signa hat in Bezug auf Kika/Leiner durchaus eine gewisse Elastizität an den Tag gelegt. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Möbelkette sind die Folgen des Exits aber wohl eher hart als soft.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).