Morgenpost

Wiener Zeitung: Ausgedruckt! Krawumm!

Als ob Pandemie und Putin nicht reichten. Jetzt strauchelt auch noch die „Wiener Zeitung“.

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Als Herbert Krejci beim Fernsehen wieder einmal mit dem barocken Theater der Politik konfrontiert war, reagierte er kühl bis eisig. Den langjährigen Generalsekretär der Industriellenvereinigung gelüstete es, während einer innenpolitischen Nachrichtensendung etwas in die Mattscheibe hineinzuwerfen. Krawumm! Lange her. Inzwischen verbietet sich selbstverständlich jede Gewalt gegen Pantoffel und Bildschirm, auch wenn uns die Nachrichten von Putin bis Pandemie mit Brummschädel durchs Leben straucheln lassen. Konfusion und Ratlosigkeit also in der großen weiten Welt. Aber auch viele Irrungen und Wirrungen in kleinen austriakischen. Unter den Wundern der kleinen österreichischen Medienwelt ist die „Wiener Zeitung“ nicht das geringste und jedenfalls dasjenige, das seine Leserinnen und Leser wissbegierig und klüger macht, schöner natürlich nicht, das wäre dann auch zu viel verlangt.

Liest man nun eine Nachricht wie die, dass die „Wiener Zeitung“ unter den Ende-ist’s-mit-der-Printausgabe-Vorschlaghammer kommen soll, spürt man natürlich sofort eine gewisse Sehnsucht nach dem Krejci-Knallen. Es geht um was: Ende der „Wiener Zeitung“-Geschichte. Das gedruckte Blatt als Langzeitkulturgut, das seit dem fernen Jahr 1703 erscheint und damit die älteste noch publizierte Tageszeitung der Welt ist, wird als maximal offenes Geheimnis spätestens Mitte kommenden Jahres durch die Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen im offiziellen Amtsblatt eingestellt werden. „Ausgedruckt“, war kürzlich auf dem Titelblatt der „Wiener Zeitung“ zu lesen. Ausgedruckt, das ist das Stichwort. Aus. Gedruckt. Anfang vom Ende. So ist es immer. Irgendwas geht zu Ende, ganz klein, noch nicht richtig sichtbar. Und bald ist Medienösterreich wieder ein bisschen ärmer und kälter. Keine Krejci-Wurfgeschosse mehr. „Man kann auch ganz leise sein beim Brüllen“, bemerkte kürzlich die Schauspielerin Sunnyi Melles. Aus. 

Wolfgang   Paterno

Wolfgang Paterno

ist seit 2005 profil-Redakteur.