Medienpolitik

Auch Bundeskanzleramt und Finanzministerium werben im „Exxpress“

Das rechte Online-Medium „Exxpress“ fiel bereits mit Falschinfos auf. Dennoch schalten Ministerien vom Kanzleramt abwärts Anzeigen – auch Unternehmen in öffentlicher Hand werben dort, wie eine profil-Auswertung zeigt.

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Seit der Gründung vor gut zwei Jahren steht das Medium „Exxpress“ immer wieder in der Kritik. Die deutsche und die französische Presseagentur haben sich bereits mit Falschmeldungen des „Exxpress“ beschäftigt, Facebook-User bekamen bei einer Story des Online-Portals den Warnhinweis „Fehlinformation“ angezeigt. Zuletzt fiel der „Exxpress“ mit russlandfreundlicher Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg auf. Dem Medium wurden mehrere unkritische Interviews mit dem russischen Botschafter in Österreich vorgeworfen.

Falschmeldungen im „Exxpress“

Unabhängige Faktenchecker haben wiederholt Irreführungen und Falschinfos in den Exxpress-Berichten identifiziert. Die Storys blieben trotzdem online.

Gelder vom Kanzleramt

Dennoch darf sich der „Exxpress“ über öffentliche Geldern freuen. Neben 1,1 Millionen Euro aus der Medienförderung für das Jahe 2022, gibt es auch immer mehr ÖVP-geführte Ministerien, die in dem Medium Anzeigen schalten. Auch Kammern und staatsnahe Betriebe zählen neuerdings zu den Kunden des Portals.

Den Anfang machte das Verteidigungsministerium unter Ministerin Klaudia Tanner, das bereits im Vorjahr 16.800 Euro an „Exxpress“ überwies. Eine profil-Auswertung der Medientransparenzdaten der Medienbehörde KommAustria zeigt: Im ersten Quartal 2023 flossen auch Anzeigengelder aus dem Bundeskanzleramt (6646 Euro) und dem Finanzministerium (5472 Euro).

Zukünftige Buchungen denkbar

Das Kanzleramt unter der Führung von Karl Nehammer (ÖVP) ließ eine profil-Anfrage zu den Motiven der Buchung unbeantwortet. Das Finanzministerium erklärte, die Werbeschaltungen seien von einer externen Agentur empfohlen worden. Beworben wurde eine Kampagne zur Kalten Progression. Das Verteidigungsministerium buchte Anzeigen zum “Projekt Nationalfeiertag”. Berücksichtigt werde bei der Anzeigenplanung “die Reichweite des jeweiligen Mediums”, ließ das Ministerium wissen. Für die Zukunft wollte das Ressort von Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) weitere Buchungen nicht ausschließen.

Post: Weitere Schaltungen nicht geplant

Auch die Wiener Wirtschaftskammer (7000 Euro) zählte heuer bereits zu den Anzeigenkunden des prononciert rechten Mediums „Exxpress“. Neben Ministerien und Kammern bekommt das Portal auch Werbegelder von öffentlichen Unternehmen: Die Post AG überwies 5062 Euro. Insgesamt summieren sich die bisher bekannten Buchungen von Ministerien, Kammern und öffentlichen Unternehmen auf 41.500 Euro.

Auf Anfrage erklärte die Post, man habe mit den Buchungen im „Exxpress“ ein junges Medium „ausprobiert“. Und: „Weitere Schaltungen sind seither nicht erfolgt und aktuell auch nicht geplant“, so ein Sprecher zu profil.

Wer hinter Exxpress steckt

Hinter dem Onlineportal steht die Herausgeberin Eva Hieblinger-Schütz, die während der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz im Kabinett des türkis-geführten Finanzministerium arbeitete – ihr Mann, Multimillionär Alexander Schütz, zählte zu den Spendern der Kurz-ÖVP und ist einer der Geldgeber für das rechte Medienprojekt „Exxpress“.

Als Chefredakteur werkt der frühere Boulevardjournalist Richard Schmitt. Schmitt arbeitete bei der „Kronen Zeitung“, bei “Österreich” und bei „Heute“. Der Medienblogger Helge Fahrnberger hatte einst auf Twitter über Schmitt behauptet: „Wenn Richard Schmitt was schreibt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht stimmt, recht hoch. Wenn's um Verkehr geht, steigt sie gegen 100 %.“ Schmitt klagte, Fahrnberger trat den Wahrheitsbeweis an, indem er zahlreiche Artikel Schmitts mit fragwürdiger Faktenbasis vorlegte. Das Handelsgericht entschied 2020 zugunsten Fahrnbergers. Im Jahr 2021 wurde Schmitt vom Oberlandesgericht Wien wegen seiner Ibiza-Berichterstattung erstmals persönlich wegen Übler Nachrede und Kreditschädigung verurteilt. Der SPÖ-nahe Anwalt und Ex-Politiker Oliver Stauber hatte ihn geklagt. Der Presserat rügte seine Arbeit mehrfach. 

Faktenchecker vs. „Exxpress“

Ins Bild passen auch die Erfahrungen der Faktenchecker von „Correctiv“ und der deutschen Presseagentur. Die Falschbehauptungen, die sie im November 2022 auf der „Exxpress“-Website identifizierten und richtigstellten, sind noch immer online. 

Gegenüber dem Medienwatchblog „Kobuk“ und der Wiener Stadtzeitung „Falter“ rechtfertigte Schmitt Fehler in der Berichterstattung damit, dass „Exxpress“ noch ein „junges Start-up“ sei.

Aus Sicht der Medienbehörde und den türkisgeführten Ministerien ist der „Exxpress“ offenbar trotzdem unterstützenswert.

Neue Vergabekriterien für Schaltungen?

Daniela Kraus von der Journalismus-NGO Presseclub Concordia hat die türkis-grüne Medienpolitik wiederholt kritisiert. Zu den Schaltungen im „Exxpress“ sagt sie: „Die aktuelle Diskussion zeigt erneut, warum sich die Vergabe öffentlicher Inserate an Qualitätskriterien orientieren sollte. Nur Medien, die sich an journalistische Sorgfaltspflichten halten und ein Redaktionsstatut haben, sollten öffentliche Anzeigengelder erhalten.“

Jakob   Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef bei profil und leitet den Faktencheck faktiv.

Lena Leibetseder

Lena Leibetseder

ist seit 2020 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. Schreibt über Popkultur und Politik.