Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) bei der Präsentation des Doppelbudgets
Klimawandel

Was das Doppelbudget für Österreichs Klimaziele bedeutet

Die Bundesregierung will 2025 und 2026 rund 15 Milliarden Euro einsparen – gekürzt werden soll vor allem bei Klimaförderungen. Das Klimaticket soll teurer werden, der Pendlereuro wird ab 2026 verdreifacht. Was bedeutet das für Österreichs Klimaziele?

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Eine Stunde und vierzehn Minuten lang hat Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) heute dem Nationalrat seine Budgetpläne präsentiert. Die – für ihn – unangenehmen Nachrichten packte er dabei in den Anfang seiner Rede: „Ich hätte Ihnen heute gerne ein Budget vorgelegt, das umfangreiche Investitionen in den Wirtschaftsstandort und die Forschung, Klima und Naturschutz (…) umfasst“, sagte Marterbauer. Doch dem ist nicht so. Heuer nicht. Und auch nächstes Jahr nicht. Denn die Regierung muss sparen – rund 15 Milliarden Euro in den Jahren 2025 und 2026. Eingespart wird auch bei Maßnahmen, die die schwarz-grüne Vorgängerregierung im Kampf gegen den Klimawandel beschlossen hat. 

Weniger Mittel aus dem Budget schießt die Regierung beim Klimaticket zu – es wird dadurch stufenweise um circa 200 Euro teurer. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung behält sich die Regierung ein, die Kompensation dafür (gemeinsam mit dem Teuerungsausgleich als Klimabonus bekannt; Anm.) entfällt komplett. Stattdessen soll der Pendlereuro ab Jänner 2026 verdreifacht werden.

Österreichs Klimaziele

Nationale Klimaziele:

  • Klimaneutralität bis 2040
  • 100 % Strom aus erneuerbaren Quellen bis 2030

EU-Klimaziele:

  • Reduktion der Emissionen um mindestens 55 % bis 2030 (im Vergleich zu 1990)
  • Klimaneutralität der gesamten EU bis 2050

Die Marschroute für die heute vorgestellten Kürzungen hat ÖVP-Klubchef August Wöginger bereits im Jänner bei den schließlich gescheiterten Regierungsverhandlungen mit der FPÖ ausgegeben: Umweltförderungen sollten, so Wöginger vor wenigen Monaten, auf ein Maß wie vor 2020 „geglättet werden“. Was Wöginger allerdings nicht dazugesagt hat: Bereits damals kritisierte der Rechnungshof die bis Ende 2019 gesetzten Maßnahmen in puncto Klimaschutz. Lenke man nicht dagegen, werde Österreich die Klimaziele der EU für 2030 und 2050 „deutlich verfehlen“. Und das sei nicht nur für die Umwelt schlecht, sondern auch für den Staatshaushalt. Denn: Bringt Österreich bis 2050 und dem Zwischenziel bis dorthin im Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen nicht nach unten, kommen auf Österreich Kompensationszahlungen in Milliardenhöhe zu. 2021 bezifferte sie der Rechnungshof auf bis zu 9,2 Milliarden Euro.

„Neben den vielen Förderungen wurde in den vergangenen Jahren verabsäumt, auf ordnungsrechtliche und regulative Maßnahmen zu setzen.“

Daniela Kletzan-Slamanig, Umweltökonomin Wifo

Förderungen statt harte Gesetze

Hat Marterbauer mit Blick auf das Doppelbudget also bei den falschen Posten gekürzt? Und wie weit entfernt sich Österreich nun von europäischen und nationalen Klimazielen?

„Neben den vielen Förderungen wurde in den vergangenen Jahren verabsäumt, auf ordnungsrechtliche und regulative Maßnahmen zu setzen“, sagt Daniela Kletzan-Slamanig, Umweltökonomin am österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Also beispielsweise den Ausstieg aus fossilen Heizungen gesetzlich festzuschreiben. Auch mithilfe von Änderungen im Mietrecht. Selbiges gilt für das Hin und Her beim europäischen Aus für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. „Ob wir den Abstand zu unseren Zielen vergrößern, wird vor allem davon abhängen, welche Gesetze diese Regierung konkret beschließt“, sagt Kletzan-Slamanig.

Beschließen möchte die Regierung Mitte Juni jedenfalls die Verdreifachung des Pendlereuros. Und zwar, um Pendlerinnen und Pendler die durch die CO2-Bepreisung höheren Spritkosten abzugelten. Treffsicher ist das laut der Wirtschaftsforscherin nicht: „Der Klimabonus war natürlich eine wichtige Einmalzahlung für einkommensschwache Haushalte“, meint Kletzan-Slamanig. Ihn mit einem höheren Pendlereuro zu ersetzen, sei der falsche Schritt: „Das ist eine einseitige Förderung von Pendlerinnen und Pendlern, die mit einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor ihren Arbeitsweg absolvieren“, so die Wirtschaftsforscherin. Ausgleichsmaßnahmen für all jene, die die CO2-Bepreisung nun ebenfalls stärker zu spüren bekommen – etwa Haushalte, die zur Miete wohnen und dort mit Öl oder Gas heizen – sehe das Doppelbudget nicht vor.

Fehlende Treffsicherheit

Ebenjene Treffsicherheit, die die Expertin bei der Erhöhung des Pendlereuros vermisst, sei laut Marterbauer der Grund für die umfangreichen Kürzungen bei den Klimaförderungen. Im Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“ sagte Marterbauer: „Die maßlosen, nicht zielgerichteten Förderungen waren ein Hauptgrund, warum das Budgetdefizit so stark angeschwollen ist. Mitunter wurden die Leute mit Geld zugeschüttet. Auch Spitzenverdiener bekamen 70, 80 Prozent eines Heizkesseltauschs bezahlt“, so der Finanzminister. Klimapolitik sei der SPÖ keine Nebensache, Ziele möchte man vor allem mit Gesetzen erreichen.

Und wie sieht es mit den Auswirkungen der höheren Kosten für das Klimaticket aus?

„Ich glaube, dass sich das als Erfolgsmodell durchgesetzt hat, dass man in jedes Verkehrsmittel Österreichs einsteigen kann und somit alternative Mobilitätsformen stärker in Betracht zieht“, sagt die Wifo-Expertin. Dass sich die höheren Kosten für das Klimaticket in Zukunft stark auf die Nachfrage auswirken wird, glaubt Kletzan-Slamanig nicht: „Das ist ein gutes Instrument und wird auch weiterhin sehr stark genutzt werden.“

Mitte Juni möchte die Regierung das Doppelbudget beschließen, bis dahin wird debattiert und verhandelt. Ob die Rechnung – weniger Förderungen, mehr Gesetze – beim Klimaschutz tatsächlich aufgeht, wird sich zeigen. Das würde jedenfalls ein Umdenken bei der ÖVP voraussetzen. Denn die Partei wehrte sich sowohl auf europäischer Ebene (Verbrenner-Aus; Anm.) als auch in der gemeinsamen Regierungszeit mit den Grünen (verpflichtender Heizungstausch im Bestand; Anm.) gegen allzu strenge Regulative. 

Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.