Ermittlungserkenntnisse der Landespolizeidirektion Steiermark zum Amoklaufer im Grazer Gymnasium

Ermittler zum Graz-Attentäter: A. spielte Egoshooter, Motiv weiter unklar

Neue Erkenntnisse zum Amoklauf in Graz: Der Täter rasselte einst durch den psychologischen Test des Bundesheeres. Doch das Heer durfte diese Information nicht mit anderen Behörden teilen. Deshalb gelangte A. zu seiner Waffenbesitzkarte.

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Es ist knapp 50 Stunden her, dass ein 21-jähriger Amokläufer am Dienstag im BORG Dreierschützengasse in Graz neun Schülerinnen und Schüler sowie eine Lehrerin tötete. Die Polizei kennt nun Details über den Ablauf der Tat, profil nimmt Abstand davon, den Tathergang minutiös zu schildern, um Nachahmungstäter zu vermeiden. Nur soviel: Der Mann habe wahllos auf die Schülerinnen und Schüler geschossen, die getötete Lehrperson hingegen habe ihn in seiner Zeit am Gymnasium in einem Fach unterrichtet, das genaue Verhältnis ist aber noch unklar. Nachdem er die sechste Klasse wiederholen musste, hat der Mann die Schule abgebrochen. 

Motiv weiter unklar

„Die bisherigen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass es sich um eine sehr introvertierte Person gehandelt hat“, sagt Michael Lohnegger, Leiter des Landeskriminalamts (LKA) Steiermark. Der Täter sei nicht gewillt gewesen, an „Tätigkeiten im realen Leben teilzunehmen. Zu seiner großen Leidenschaft gehörten Online-Egoshooter, wo er auch Kontakte gepflegt hat. Bisher gibt es aber keine Hinweise darauf, dass er dort Unmut oder Ärger gegenüber seiner ehemaligen Schule oder dem ehemaligen Lehrpersonal geäußert hat. Das Motiv ist somit weiter unklar“, so der Leiter des LKA Steiermark.

Ab März nahm er an Schießübungen in einem Grazer Schützenverein teil, Anfang April erwarb er die Schrotflinte bei einem Waffenhändler in Graz. Mitte Mai erhielt er eine Waffenbesitzkarte, kurz darauf kaufte er eine Faustfeuerwaffe bei einem anderen Händler, ebenfalls in Graz. Bei einer ersten Hausdurchsuchung, die unmittelbar nach der Tat am Dienstag zur Mittagszeit stattgefunden hat, wurde eine Rohrbombe sichergestellt, „allerdings war sie nicht funktionsfähig“, sagt Lohnegger. Zudem haben die Kriminalbeamten „handschriftliche Aufzeichnungen gefunden, die zeigen, dass der gesamte Ablauf im Detail geplant war.“ Der Täter verfügte zum Zeitpunkt des Suizids zudem noch über ausreichend Munition und hätte seine Tat weiterführen können, so Lohnegger.

Ob der Täter Unterstützung durch Dritte hatte, wird derzeit intensiv ermittelt. Die Ermittlungsgruppe „Luktus“ wird die kommenden Wochen Zeugen im dreistelligen Bereich befragen, um mögliche Anknüpfungspunkte abzuklären. „Als Ermittlungsbehörde ist es unsere Aufgabe, Ihnen Fakten zu präsentieren. Wir können uns an Spekulationen nicht beteiligen“, so Lohnegger.

Aus psychologischen Gründen untauglich

Nach der Pressekonferenz bestätigte das Bundesheer, dass der Täter bei der Stellung im Jahr 2021 aus psychologischen Gründen als untauglich für den Dienst an der Waffe befunden wurde. Einen Austausch mit zivilen Behörden (etwa zum Thema Waffenbesitz) gibt es aus Datenschutzgründen nicht. Im Fall von Graz mit furchtbaren Folgen: Dadurch konnte der Täter später eine Waffenbesitzkarte erhalten und sich ganz legal die Tatwaffen kaufen. Wie der Amokläufer den psychologischen Test für die Waffenbesitzkarte bestehen konnte, ist noch unklar.

Dieser Artikel wurde nach Informationen des Bundesheeres aktualisiert.

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Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.