EU-Wahl: Das Volk ist unbeeindruckt

Chefredakteur Christian Rainer über die EU-Wahl.

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Was mag bei jenen Menschen vorgehen, die trotz des größten innenpolitischen Skandals der Zweiten Republik heute unbeeindruckt FPÖ gewählt haben? Die Frustration mit dem eigenen Leben, der Ärger über das Leben anderer, der Hass auf die Eliten hier und in Brüssel müssen unendlich sein. Ein besorgniserregend großer Anteil der Österreicher hat jene Partei gewählt, deren Obmann und Identifikationsfigur zu Protokoll gegeben hat, dass er mit russischem Geld jede Form von Schindluder treiben würde, dass er dubiosen Oligarchenkindern Bauaufträge und damit Steuergeld zu überhöhten Preisen zuschanzen will, dass er die Freiheit der Medien verkaufen würde, dass er den aktuellen und den ehemaligen Bundeskanzler in ihren Neigungen für Monster hält (und dass die Russen das wissen müssen). Der freiheitliche Klubobmann hat dabei assistiert.

Die Wähler sind, wie sie sind

Heinz-Christian Strache hat also völlig Recht, wenn er an seiner Rückkehr in die Politik arbeitet und etwas Inexistentes beweisen will, das er „Unschuld“ nennt. Möglicherweise wäre der Gegenangriff der FPÖ, die Täter-Opfer-Umkehr in den vergangenen Tagen gar nicht notwendig gewesen, um dieses Wahlresultat zu bewirken: Die Wähler sind, wie sie sind, und vielleicht sind sie in Österreich noch mehr, wie sie sind.

Kurz wird die Wahl im Herbst wohl gestärkt gewinnen

Überrascht hat uns das Wahlresultat aber nicht. Wer die vorliegende Printausgabe von profil mit Redaktionssschluss am Freitagabend liest, findet entsprechende Prognosen: Die FPÖ würde von diesem Skandal nicht vernichtet werden, könnte spätestens bei den Nationalratswahlen im Herbst wieder zu guter Stärke finden. Sebastian Kurz werde von der Delle bei der FPÖ profitieren. Und die SPÖ wird aus der größten Chance, die sich einer Oppositionspartei seit dem Urknall geboten hat, eher gar nichts machen. Ein Zitat aus der Printausgabe: „Ein politisches Ziel, bei dem die FPÖ an ihr Ende kommen würde, ist nicht zu erkennen. Außer jenem der Machtergreifung und der Rache an ihren Gegner.“ Und aus dem aktuellen profil-Leitartikel: „Kurz wird die Wahl im Herbst wohl gestärkt gewinnen. Und wo ist die SPÖ? Schwer zu sagen.“

Die Grünen in Deutschland haben an diesem Sonntag ihr Wahlergebnis verdoppelt – als kontrollierende Opposition und mit überlebenswichtigen Themen. Ausnahmsweise tun wir das, was jene FPÖ aus anderen Motiven so gerne tut, und blicken voller Bewunderung nach Berlin.