Berghütte mit Holzbänken und Sonnenschirmen, umgeben von Bergen, im Fadenkreuz dargestellt. Die Finanzpolizei jagt auch dort nach Steuerfahndern.
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Schwarzgeld-Boom: Finanzpolizei jagt Steuersünder bis auf Berghütten

Steuerbetrug und Scheinfirmen florieren. Die Finanzpolizei verfolgt Hinterzieher im ganzen Land, stößt aber an ihre Grenzen. Jetzt diskutiert die Regierung über schärfere Gesetze – und hofft auf einen Milliardenbetrag fürs Budget.

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Sie kommen am liebsten dann, wenn sie niemand erwartet. Manchmal sogar in zivilen Wanderoutfits, mit Bergschuhen und Mountainbikes. So machten sich Prüfer der Finanzpolizei auf den Weg zu entlegenen Almhütten in Tirol und Vorarlberg. Es war ein Einsatz, wie sie ihn sicherlich gerne öfter hätten: Das Wetter an diesem Septembertag war blendend, und die Hüttenwirte ahnten nichts.

Bis ihnen die Kontrolleure ihre Ausweise vors Gesicht hielten.

Bei 32 Hütten befragten die Finanzpolizisten das Personal, suchten Arbeitszeitaufzeichnungen und durchleuchteten die Registrierkassen – wenn sie denn vorhanden waren.

Die Bilanz der Kontrolle, die profil exklusiv vorliegt, ist ernüchternd: Rund jeder fünfte der 128 Beschäftigten war nicht korrekt bei der Sozialversicherung angemeldet. Sie wurden teils schwarz bezahlt. Dazu passt ins Bild, dass in 14 Betrieben ordnungsgemäße Arbeitszeitaufzeichnungen fehlten. Zudem setzte es eine Anzeige nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und wegen unbefugter Gewerbeausübung.

Nicht nur das Arbeitsrecht wurde auf den Berghütten missachtet: Drei Almhütten stellten keine Belege aus, eine hatte überhaupt keine Registrierkasse in Betrieb.

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Auffälliges Kennzeichen

Warum hat ein österreichischer Hüttenwirt ein italienisches Kennzeichen? Um Abgaben zu sparen.

Der Gipfel der Dreistigkeit: Ein Wirt parkte einen neuen BMW X3 vor seiner Hütte, der die Prüfer stutzig machte, weil er ein italienisches Kennzeichen hatte. Offenbar wollte sich der Mann die NoVa sparen, die in Italien im Unterschied zu Österreich nicht fällig wird. Er wird zu einer Nachzahlung aufgefordert.

Mit Kontrollen wie jenen am Berg soll die Finanzpolizei mithelfen, das Budgetloch zu stopfen. Jeder hinterzogene Steuereuro, den die Prüfer finden, wird derzeit dringend gebraucht. Doch die Methoden der Trickser werden immer raffinierter – und die Befugnisse der Kontrollbehörden können nicht immer mithalten.

„Die beste Registrierkasse nutzt nichts, wenn man nichts eingibt.“

Wilfried Lehner

Finanzpolizei-Chef

Die Bundesregierung bastelt in vertraulichen Verhandlungen an einem Masterplan zur Steuerbetrugsbekämpfung, der heuer noch fertig werden soll. Damit sollen zwischen 2026 und 2029 in Summe 1,4 Milliarden Euro zusätzlich ins Budget fließen.

Ist das realistisch?

Die Zahl der Steuerhinterzieher stieg zuletzt rasant – und damit auch die unversteuerten Millionen, die darauf warten, gefunden zu werden. 

Kaum jemand in diesem Land kennt die Schattenwirtschaft besser als Wilfried Lehner, langjähriger Chef der Finanzpolizei.

Jakob Winter

Jakob Winter

ist Digitalchef und seit 2025 Mitglied der Chefredaktion bei profil. Gründete und leitet den Faktencheck faktiv.