Meinung

Gernot Bauer: Hofer geht

Eine bemerkenswerte Karriere endet abrupt. Im Abgang gelang FPÖ-Obmann Norbert Hofer wenigstens noch ein Revanchefoul an Herbert Kickl. Zerreißt es jetzt die Freiheitlichen?

Drucken

Schriftgröße

Am Ende ist es immer eine Frage der Würde. Werner Faymann legte den SPÖ-Vorsitz zurück, nachdem er bei der 1. Mai-Feier der Sozialdemokratie am Wiener Rathausplatz ausgepfiffen worden war. Reinhold Mitterlehner reichte es, als in Medien ein altes Filmplakat eines Spaghetti-Western präsentiert wurde. Titel: „Django – die Geier warten schon.“ Und nun Norbert Hofer: Auch der FPÖ-Chef machte Schluss, bevor die Schmach unerträglich wurde; gibt sein Amt auf, bevor er sein Gesicht verliert. „Meine eigene Reise an der Spitze der FPÖ ist mit dem heutigen Tag zu Ende“, ließ Hofer Dienstagnachmittag über den Pressedienst seiner Partei verlautbaren.

Die Nachfolger von Faymann (Christian Kern) und Mitterlehner (Sebastian Kurz) waren innerparteilich unumstritten. Nicht so in der FPÖ: Hofers Nachfolgekandidat Herbert Kickl, derzeit stellvertretender Parteiobmann, muss mit scharfem Widerstand rechnen.

In den vergangenen Wochen hatte der FPÖ-Klubobmann immer wieder seinen Anspruch auf die Spitzenkandidatur bei etwaigen Nationalratswahlen verkündet, zuletzt im profil. Dass sein Parteiobmann wegen schwerer Rückenprobleme auf Reha weilte, ließ Kickl kalt. Hofer wurde mürbe. Dienstagnachmittag meinte er gegenüber der Tageszeitung „Österreich“, er lasse sich „nicht jeden Tag ausrichten, fehl am Platz zu sein“.

Hofers Rücktritt war vorhersehbar. Über dessen Zeitpunkt entschied er autonom. Wenigstens im Abgang konnte Hofer so noch einmal Souveränität demonstrieren. Als der Abgang bekannt wurde, saß Klubobmann Herbert Kickl nach einer Wanderung mit niederösterreichischen Parteifreunden auf der Waxriegelhütte auf der Rax in 1.361 Meter Seehöhe, „inmitten zahlreicher Funklöcher mit pausenlos klingelnden Handys und sprachlosen Funktionären“, wie die APA berichtete. Nachdem Hofer wochenlang von Kickl gequält worden war, glückte ihm so noch ein kleines Revanchefoul.

Erste Stimmen für Kickl als Nachfolger

Zwei Stunden nach dem Rücktritt waren in kleineren FPÖ-Landesparteien, etwa Tirol, erste Stimmen für Kickl als Hofer-Nachfolger vernehmbar. Auch seine Abgeordneten weiß der Klubobmann hinter sich. Dass jeder den Verrat liebt, aber niemand den Verräter, könnte Kickl allerdings noch zum Verhängnis werden. In Teilen der FPÖ werden alte Werte wie Ehre und Kameradschaft noch hochgehalten. Attacken auf den Parteichef während dessen Reha-Aufenthalt widersprechen allerdings jedem Treueschwur.

Heftigster Widersacher von Kickl ist der oberösterreichische Landesparteiobmann und Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner. Bei einer internen Sitzung mit Landesfunktionären soll Haimbuchner jüngst Kickls Aufstieg an die Parteispitze kategorisch ausgeschlossen haben. Schon vor Wochen nannte Haimbuchner die Attacken auf Hofer „absolut unanständig“ – und nahm sie auch persönlich. Schließlich hat Haimbuchner im Herbst Landtagswahlen zu schlagen. Turbulenzen in der eigenen Partei kann er nicht gebrauchen.

Der Oberösterreicher steht für eine vergleichsweise moderate Ausrichtung der FPÖ, die er auch im Bund lieber in der Regierung sieht. Unter einem Parteichef Herbert Kickl wäre die FPÖ für lange Zeit auf die Krawallrolle in der Opposition festgelegt. Haimbuchner selbst zeigte bisher keine Ambitionen auf die FPÖ-Obmannschaft. Er will in Oberösterreich bleiben.

Dritter Player im Match um die Zukunft der Partei ist der steirische Landesparteiobmann Mario Kunasek. Gut denkbar, dass Kunasek als Kompromiss die Führung der FPÖ übernimmt. Entschieden wird über das Schicksal der FPÖ bei einem Sonderparteitag in einigen Wochen. Vorerst soll der Wiener Abgeordnete Harald Stefan, ebenfalls stellvertretender Parteiobmann, die FPÖ interimistisch führen.

Norbert Hofer will bis zum Ende der Legislaturperiode Dritter Nationalratspräsident bleiben. Dann geht die bemerkenswerte politische Karriere des Burgenländers, der beinahe Bundespräsident geworden wäre, wohl zu Ende.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.