Ingrid Thurnher mit den beiden damaligen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer (rechts) und Alexander Van der Bellen.

„Künigltempel“-Affäre: Warum Armin Wolf nicht recht hat

„Künigltempel“-Affäre: Warum Armin Wolf nicht recht hat

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Im Gegensatz zur FPÖ halte ich die Causa „Tempelberg“ für keinen „ORF-Skandal“. Es war journalistisch gerechtfertigt, Norbert Hofer im TV-Duell mit Alexander Van der Bellen am Donnerstag vor der Wahl vorzuhalten, dass der von Hofer geschilderte „Terroranschlag“ am Tempelberg so nicht stattfand. Dass dabei eine Information fehlte – es gab in der Nähe tatsächlich einen Zwischenfall, bei dem eine Frau angeschossen wurde, der von der Polizei aber nicht als Terroranschlag gewertet wurde – war ein handwerklicher Fehler, über den sich die ORF-Beteiligten wohl selbst am meisten ärgerten. Armin Wolf war fair genug, die heftig attackierte Moderatorin Ingrid Thurnher zu verteidigen und die Verantwortung für die unvollständige Recherche zu übernehmen.

profil berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über interne ORF-Vorgänge in der Causa. Demnach habe Ingrid Thurnher Armin Wolfs Recherchen zu Hofer & Tempelberg im TV-Duell anfangs nicht thematisieren wollen, sei aber von Wolf dazu „gedrängt“ worden. Armin Wolf bezeichnete diesen profil-Bericht als falsch. Und Ingrid Thurnher twitterte Mittwoch Mittag: „Zur Causa Tempelberg: Mich hat niemand gedrängt, und keiner hat mir was angeschafft. Hätte auch gar keinen Sinn.“ Und in einem zweiten Tweet ergänzte sie: „Habe nur – wie bereits bekannt – in dieser Sache der Recherche einer anderen Redaktion vertraut. ,Streit‘ abgesagt. Und aus.“

Hat profil also, wie Armin Wolf behauptet, falsch berichtet? Nein: profil steht uneingeschränkt zu seiner Berichterstattung, die durch umfangreiche Recherchen – vorab und auch im Nachhinein – belegt ist. Der vorformulierte Entschuldigungstext, den Wolf der profil-Redaktion schickte, wird nicht abgedruckt. Wolf seinerseits lehnt es ab, in einem ausführlichen Leserbrief seine Sicht der Dinge zu schildern.

Ingrid Thurnher schreibt, wie sie die Dinge sieht. Das ist ihr gutes Recht. Aus ihren Tweets geht hervor, dass sie von der Sache schon die Nase voll hat und sich nicht weiter mit einer Recherchepanne befassen will, an der sie keine Schuld trägt.

Ob Thurnher „gedrängt“ wurde, ist aber vor allem eine semantische Frage. Auf Basis meiner Informationen und nach meiner Beurteilung wurde sie „gedrängt“ – nicht „unter Druck gesetzt“, „gezwungen“ oder „genötigt“, aber „gedrängt“. Die brisanten Recherchen von Wolf über Hofer wurden Thurnher erst am Tag des TV-Duells vorgelegt. Es wäre von ihr und ihrem eigenen Team geradezu fahrlässig gewesen, hätten sie nicht nachgefragt, ob die Story hält. Nach profil-Informationen zeigten Thurnher und ihre Mitarbeiter die angebrachte Skepsis, ließen sich aber davon überzeugen, dass die Story halte.

Nur: von wem?

Armin Wolf – nicht nur „ZiB 2“-Moderator, sondern auch stellvertretender Chefredakteur der ORF-Information – sagt, er habe nicht „gedrängt“, und verweist auf die formale Befehlskette. Chefredakteur Fritz Dittlbacher gab gegenüber dem „Kurier“ an, Wolf habe nichts mit der Entscheidung zu tun gehabt, die Story zu bringen. Dass Wolf etwas „entschieden“ habe, wurde im profil nie behauptet. Was profil behauptete und wozu profil steht, ist die Tatsache, dass es in der Causa einen umfassenden Austausch zwischen Wolf und Thurnher gab. Dass der Rechercheur einer derart heiklen Story und die Moderatorin, die sie verbreiten soll, in der Sache miteinander kommunizieren, liegt eigentlich nahe.

Abschließend: Es überrascht, dass Armin Wolf auf die Darstellung, er habe darauf gedrängt, Norbert Hofer live im TV-Duell mit seiner Recherche zu konfrontieren, so sensibel reagiert. Es war eine gute Story und – wie oben erwähnt – kein „Skandal“. Wenigstens in dieser Frage sind wir uns einig.

Gernot   Bauer

Gernot Bauer

ist Innenpolitik-Redakteur.