Abgesagt: Das aktuelle Programm der Arena Wien

profil-Morgenpost: Viel Arbeit, wenig Lohn

Coronavirus und die Folgen: Gibt es schon eine Bezeichnung für die drohende Wirtschaftskrise der vielen selbständigen Musikerinnen, Kabarettisten oder Konzertveranstalter?

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Am Mittwoch hat mir ein Freund folgende Nachricht geschrieben: „Hallo Stephan. Wir haben jetzt leider keine Zeit, sorry. Wir hetzen von Sitzung zu Sitzung, versuchen Ersatztermine zu finden, sprechen mit Sozialversicherung, Krankenkasse, Subventionsgeber, Stadt etc. Ich melde mich später!“

Jobs und Existenzen

Von Peter habe ich dann nichts mehr gehört. Aus gutem Grund, denn er ist in der Arena Wien für die Veranstaltungen zuständig und hat derzeit Besseres zu tun, als meine Fragen zu beantworten. Es geht um Jobs und Existenzen. Pro Woche findet in Österreichs größtem alternativen Kulturzentrum ein Dutzend Konzerte auf drei Bühnen statt. Damit ist vorerst bis Anfang April Schluss. Coronavirus sei Dank. Das heißt: keine Gagen für Musikerinnen, kein Trinkgeld für Barmänner, kein Einkommen für Techniker oder Promoter.

In der freien Kulturszene von Bregenz bis Pinkafeld ist das Geld ohnehin stets knapp – und Kunst macht zwar Spaß, ist aber auch viel Arbeit. Die ist nun vorerst futsch, wie ein Blick in meinen Bekanntenkreis zeigt. Drei Beispiele: Borderline-Filmtage im Offenen Haus Oberwart. Abgesagt. Album-Releasekonzert der Indie-Band Crush im Forum Stadtpark in Graz. Gestrichen. Buchpräsentation meines profil-Kollegen Wolfgang Paterno in Lustenau. Verschoben.

Viel Arbeit für wenig Lohn

Klar, die Gesundheit steht momentan an erster Stelle und die Maßnahmen der Regierung sind sinnvoll, wie Christian Rainer und Eva Linsinger in unserem aktuellen Podcast besprechen. Nach der Gesundheit stehen dann gleich die Auswirkungen auf die Wirtschaft im Zentrum der Aufmerksamkeit. Wobei mit Wirtschaft zumeist die Börse, große Unternehmen und Banken gemeint sind. Diese waren schon bei der Finanzkrise 2008 „too big to fail“ und wurden von der öffentlichen Hand aufgefangen. Aber gibt es schon eine Bezeichnung für die drohende Wirtschaftskrise der vielen selbständigen Musikerinnen, Kabarettisten oder Konzertveranstalter? „Too small to ...?“

Wenn Sie eine Idee haben, geben Sie uns bitte Bescheid! Denn Kunst und Kultur ist nicht nur viel Arbeit für wenig Lohn, sondern der Kleister unseres gesellschaftlichen Lebens. Das wird einem, wie so oft, erst wieder bewusst, wenn sie kurzerhand verschwindet. Oder wie es der Kabarettist Hosea Ratschiller formuliert: „Es braucht jetzt einen Plan, wie man eine kulturelle Infrastruktur, die sich seit jeher abseits von Subvention bewegt, stützen kann. Sonst wird in den nächsten Wochen die Arbeit von Jahrzehnten gefährdet.“

Von meinem Freund Peter hab ich, Stand Freitag Morgen, übrigens noch immer nichts gehört.

Ich wünsche Ihnen trotz Corona ein kulturreiches Wochenende, Stephan Wabl

P.S. Gibt es etwas, das wir an der „Morgenpost“ verbessern können? Das Sie sich von einem Newsletter auf jeden Fall erwarten? Das Sie ärgert? Erfreut? Wenn ja, lassen Sie es uns unter der Adresse [email protected] wissen