Pretty in Pink

NEOS-Chef Matthias Strolz: Jubel über „Jahrhundertprojekt”

Parteien. Die NEOS schafften mit einem jungen, frechen Wahlkampf den Einzug ins Parlament

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"Keiner hat es uns zugetraut, aber ja, es ist möglich." Sichtlich gerührt feierte NEOS-Chef Matthias Strolz am Sonntagabend in der Parteizentrale im siebten Wiener Bezirk mit Wahlhelfern und Anhängern den für viele Politikbeobachter überraschenden Einzug in den Nationalrat. Mit 4,9 Prozent und 9 Mandaten schafften die NEOS auf Anhieb den Sprung ins Parlament. "Es ist ein Jahrhundertprojekt. Noch nie hat es eine Bewegung aus dem Volk beim ersten Mal ins Parlament geschafft", jubelte Strolz, ein 40-jähriger Unternehmensberater, der zuvor mehrere Jahre im ÖVP-Wirtschaftsbund tätig gewesen war.

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"Wir wollen das Parlament entfesseln", verkündete Strolz vor seinen Anhängern. Besonders stolz zeigte er sich über das Wahlergebnis in seiner Heimat Vorarlberg, wo die NEOS mit über 13 Prozent Stimmenanteil fast gleichauf mit der SPÖ lagen. "Wir werden die Sensation des Wahlabends sein", hatte Strolz bereits am Freitagabend bei der Schlusskundgebung der pinken Partei auf der Wiener Mariahilfer Straße vorausgesagt. Ermöglicht hatte dies ein frecher, auf jüngere, liberale und mehrheitlich urbane Schichten ausgerichteter Wahlkampf, mit einem geschickten Auftritt im Internet und direkten Kontakten zu potenziellen Wählern. So wurden Wähler und Aktivisten auch bei privaten Partys angeworben, bei denen sich lokale NEOS-Kandidaten vorstellten und zugleich um Spenden ersuchten.

Bildungsreform, Pensionssystem
Das Programm der NEOS zielt auf jüngere Wähler ab, ohne ältere zu verschrecken. Der "Stillstand" in Österreich durch die reformunwillige Große Koalition müsse beendet werden, so ihre Hauptbotschaft. Zugleich müsste endlich die Bildungsreform verwirklicht und das Pensionssystem "enkelfit" gemacht werden.

Initiativen gegen Bürokratie
Außerdem wurden Jungunternehmer, vor allem sogenannte "Einpersonenunternehmen" (EPUs), um die sich sonst kaum eine Partei wirklich kümmern wollte, mit Initiativen gegen Bürokratie angesprochen. Viele NEOS-Aktivisten, darunter Strolz oder die Wiener Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger, kamen aus der ÖVP, von wo sie auch viele Stimmen abgezogen haben dürften.

Pinke Alternative
Der Chef der Wiener ÖVP, Manfred Juraczka, erklärte am Sonntagabend, dass der Erfolg der NEOS die ÖVP den Wahlsieg "und den Kanzlerwechsel" gekostet habe. Zuletzt kam auch aus SPÖ-Kreisen Unterstützung. Der frühere Pressesprecher von Finanzminister Ferdinand Lacina und Werbeagentur-Chef Dietmar Ecker unterstützte die NEOS. Auch die Kabarettisten Alfred Dorfer und Roland Düringer machten indirekt Werbung für eine pinke Alternative. Das mit dem Liberalen Forum und deren Chefin Angelika Mlinar geschlossene Bündnis sorgte nicht nur für einen Stammwählerkreis, sondern auch für einen prominenten Förderer. Der Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner, der für das Liberale Forum von 1994 bis 1998 als Abgeordneter im Nationalrat tätig war, spendete rund 500.000 Euro und bürgte zudem noch für einen Kredit an die junge Partei. Anfang September war er auch persönlich und medienwirksam als Ministerkandidat der NEOS an Bord gegangen. "Ich will jungen Leuten, die ein tolles Programm haben, eine Chance geben", so Haselsteiner. "Sonst hört man ohnehin nur Klagen, dass sich niemand in der Politik engagieren möchte." Nach Einschätzung des Politikexperten Peter Hajek hat der Unternehmer im Wahlkampffinale vor allem den Bekanntheitsgrad der NEOS deutlich erhöht.

Strolz will mit seinen Abgeordneten im Parlament vor allem die Demokratiereform anpacken. Gleich nach dem Einzug in den Nationalrat will er eine Initiative zur Reduzierung der hohen Parteiförderung in Österreich starten, dazu möglichst rasch eine Reform des Bildungswesens und der Steuern auf den Weg bringen.

Auch für Koalitionsverhandlungen stünden die NEOS bereit, so Strolz. Nur mit der FPÖ wollen die NEOS keinesfalls ein Bündnis eingehen.