Gesundheit

Psychologische Behandlungen auf Kasse: Antragsformulare fehlen

Österreich skurril: Seit 1. Jänner haben Patientinnen und Patienten gesetzlichen Anspruch auf klinisch-psychologische Behandlungen. In der Praxis scheitern die Anträge an einem bürokratischen Detail. Die Kasse verspricht eine baldige Lösung.

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Wer in Österreich krankenversichert ist, hat seit Jahresanfang einen gesetzlichen Anspruch auf klinisch-psychologische Behandlungen. Klinische Psychologinnen arbeiten in Kliniken und Spitälern, aber auch in privaten Praxen. Eine Behandlung kostet im Schnitt rund 80 Euro pro Stunde. Seit Anfang dieses Jahres ist diese Gesundheitsleistung auch im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) verankert.

Drei Wochen nach der – offiziellen – Einführung können Versicherte noch immer keinen Kostenersatz für klinisch-psychologische Behandlung beantragen. Die dafür notwendigen Formulare wurden von den Sozialversicherungen schlicht nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt.

Formulare „in Vorbereitung“

Die österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) zeigt sich auf profil-Anfrage geständig. Die für die Umsetzung der psychologischen Krankenbehandlung nötigen Formulare seien noch „in Vorbereitung“. 

Bei den Formularen handelt es sich um eine Bestätigung, die nach der ersten, aber jedenfalls vor der zweiten psychologischen Krankenbehandlung vom Psychologen und der Hausärztin ausgefüllt und vom Patienten bei der ÖGK einzureichen ist. Das zweite Formular ist ab dem 11. Behandlungstermin wichtig, den Kostenzuschuss für eine weitere Behandlung muss ein Chefarzt von der Krankenkasse bewilligen. 

Die ÖGK arbeite „intensiv“ daran, die Unterlagen „so rasch wie möglich“ zur Verfügung zu stellen. Sie betont, dass ein Kostenzuschuss auch ohne Formular möglich ist, die Einreichung kann ausnahmsweise auch im Nachhinein erfolgen. 

Jedenfalls müssen die behandelnden Pyscholog:innen auf der Liste des Bundesministeriums eingetragen sein. Nur dann bekommen Versicherte auch einen Zuschuss – dieser beträgt je nach Sozialversicherung zwischen 33 und 46 Euro.

Je länger die Formulare fehlen, desto länger müssen die Versicherten auf ihr Geld warten.

Die Bereitschaft in der Bevölkerung, sich professionelle Hilfe zu holen, sei laut dem Berufsverband der österreichischen Psycholog:innen (BÖP) mittlerweile hoch – die Selbstfinanzierung jedoch für mindestens 65 Prozent der Bevölkerung nicht möglich. „Deshalb wäre unsere Vision, dass man psychologische Unterstützung durch Stecken einer E-Card bekommen kann“, so der BÖP: „Dies ist entscheidend, um Menschen in Krisensituationen und auch Behandler:innen angemessen zu unterstützen.“ 

Hoffnung auf vollständige Kostenübernahme

Die Bundesregierung beschloss im Dezember ein Budget von 50 Millionen Euro im ersten Jahr für klinisch-psychologische Behandlungen, im zweiten sollen 25 Millionen dafür fließen. Schon damals war zu erwarten, dass am Beginn des gesetzlichen Leistungsanspruchs wichtige Details noch offen sein werden. Mit den Krankenkassen ist noch zu klären, wie groß das Kontingent und wie hoch der Kostenzuschuss für die Therapieeinheit sein wird.

BÖP-Präsidentin Beate Wimmer-Puchinger plädiert für eine 100-prozentige Kostenübernahme für sozial Benachteiligte: „Wir hoffen damit auf ein kleines Wunder.“ Wimmer-Puchinger ist optimistisch, dass „die ein oder andere Forderung noch gelingt“. Sie deutet aber auch auf die langwierigen Verhandlungen mit den Sozialversicherungsträgern hin. Die Anerkennung der klinischen Psychologie als Kassenleistung war bereits ein lang herbeigesehnter Meilenstein, eine hundertprozentige Kostenübernahme für psychologische Behandlungen scheint derzeit noch unwahrscheinlich.

Bei einer Pressekonferenz am 22. Jänner sprachen Vertreter der Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Armutskonferenz, Volkshilfe und der Österreichischen Krebshilfe über die aktuellen Versorgungslücken in der psychischen Gesundheit. Besonders die Einsamkeit in der Bevölkerung sei eine ernstzunehmende Herausforderung. Die Hilfsorganisationen orten bei Gesundheitsminister Johannes Rauch ein besonders offenes Ohr für psychische Anliegen. Die Finanzierung der klinischen Psychologie sei jedoch nicht langfristig gesichert.

Vorerst scheitert es nicht am Geld – sondern an Formularen. Eine sehr österreichische Geschichte.

Elena Crisan

Elena Crisan

Wenn sie nicht gerade für den Newsletter "Ballhausplatz" mit Politiker:innen chattet, schreibt sie im Online-Ressort über Wirtschaft und Politik.