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Only bad news is good news. Die aktuelle profil-Titelgeschichte schickt das alte Zeitungsmacher-Ondit in eine kleine Pause und huldigt der Zuversicht, dem vielleicht schönsten menschlichen Gefühl – okay, nach der Liebe. Bald schon könnte es Sars-CoV-2-Impfstoffe geben, die uns harte Lockdowns künftig ersparen.

Lässt man alle Unwägbarkeiten einer Pandemie, wie beispielsweise Mutationen des Erregers, einmal außer Acht, ist das eine ausnehmend gute Nachricht, die Rosemarie Schwaiger, Josef Gepp und Stefan Melichar zum Anlass nehmen, sich den unerwünschten Nebenwirkungen der Corona-Krise für die heimischen Unternehmen und die Volkswirtschaft insgesamt zu widmen. Hier endet die kurze Herrschaft der guten Nachricht leider auch schon wieder. 100.000.000.000 Euro könnte das „neuartige Virus“ uns heuer und im nächsten Jahr kosten. Im günstigen Fall. Ich erspare Ihnen die zugrundeliegende Berechnung, und empfehle Ihnen statt dessen die Geschichte im neuen Heft.

Zuversicht wird hier fast schon zu einer Pflicht, oder, um mit Wifo-Chef Christoph Badelt zu sprechen, „es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als Schulden zu machen“. Es wären sonst noch viel mehr Unternehmen längst pleite und noch mehr Menschen hätten ihre Arbeit verloren. Von hier wieder zu den good news zurückzukommen, ist nicht ganz einfach. Vielleicht so: Im neuen profil finden sich viele interessante (wenn auch nicht durchgängig hoffnungsfrohe) Geschichten, so dass für jeden und jede etwas dabei sein sollte. Etwa das Gespräch mit dem Islamwissenschafter Mouhanad Khorchide, das Christa Zöchling geführt hat.

Oder das launige Interview von Gernot Bauer mit der 80-jährigen Senioren-Chefin Ingrid Korosec, die bereits zehn ÖVP-Obmänner erlebt hat und von der „neuartigen Message Control“ bisher offenbar verschont geblieben ist, sonst würde sie sich nicht– frei nach George Bernard Shaw - als „gefährliche, alte Frau“ bezeichnen. Oder die Geschichte über die mittlerweile gut belegten Vorwürfe, die EU-Grenzschutzagentur Frontex spiele bei Zurückweisungen von Asylsuchenden im Mittelmeer eine mehr als fragwürdige Rolle (Kollegin Siobhán Geets). Oder die facettenreiche Würdigung zum 50. Geburtstag der TV-Serie „Tatort“, zu der Angelika Hager einen gar nicht so lieblosen Text über ihre abgekühlte Liebe zum Sonntagabend-Krimi beisteuerte.

Apropos Zuversicht: Karin Cerny rezensierte einen Fotoband des Londoner Fotografen Tariq Zaidi, der den exzentrischen Modestil der kongolesischen Sapeurs mit der Kamera dokumentierte. Cerny bemüht das Dress for Success-Credo der  80-Jahre-Yuppies: Zieh dich zum Bewerbungsgespräch so an, als ob du den Job bereits hättest. Die stolzen Sapeurs und Sapeuses leben in den Slums von Kinshasa und Brazaville, werfen sich in Schale, als wären sie Millionäre, und sehen in ihren knalligen Anzügen und bunten Socken schlicht umwerfend aus.

Vielleicht sollten wir darauf zurückkommen, wenn uns das hoffnungsfrohe Gemüt zwischenzeitlich abhanden kommt und uns im Home Office so anziehen, als ob wir die Pandemie mit all ihren kostspieligen Folgen schon hinter uns hätten.

Ich wünsche Ihnen jedenfalls einen phantastischen Wochenanfang.

Edith Meinhart

Edith   Meinhart

Edith Meinhart

ist seit 1998 in der profil Innenpolitik. Schreibt über soziale Bewegungen, Migration, Bildung, Menschenrechte und sonst auch noch einiges