Rücktritt auf Raten: Kern tritt als SPÖ-Spitzenkandidat bei EU-Wahl an

SPÖ-Chef Christian Kern wird seinen Posten als Vorsitzender der Partei nach der EU-Wahl räumen. Bei der EU-Wahl im Mai 2019 wird er als SPÖ-Spitzenkandidat antreten.

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SPÖ-Chef Christian Kern tritt als Parteivorsitzender zurück. Aber nicht sofort, sondern bis zur EU-Wahl im Mai 2019. Denn er wird seine politischen Zelte in Österreich abbrechen und als SPÖ-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl antreten und nach Brüssel wechseln. Der Urnengang findet am 26. Mai 2019 statt.

Bis Ende November will die SPÖ jetzt einen neuen Vorsitzenden finden, der eigentlich in gut zwei Wochen geplante Parteitag wird verschoben. Dass der Altkanzler sich nicht ewig mit der Rolle des Oppositionsführers zufrieden geben wird, galt als offenes Geheimnis. Der Zeitpunkt kommt hingegen durchaus überraschend, nachdem er sich erst vergangene Woche von den Gremien als Kandidat für den Parteivorsitz designieren hat lassen und bei dem lange angekündigten Parteitag Anfang Oktober in Wels mit dem neuen Parteiprogramm und dem überarbeiteten Statut zwei sozialdemokratische Prestigeprojekte im Mittelpunkt stehen sollten.

Die wohl breitest getragene Lösung für Kerns Nachfolge wäre der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, dem aber keinerlei Ambitionen nachgesagt werden und der auch schon vorsorglich versicherte, nicht kandidieren zu wollen. Er hat auch als einziger Grande die Sitzung der Parteispitzen am Dienstagabend "gespritzt". Zweite logische Anwärterin ist die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die freilich eher in Richtung Hofburg-Kandidatur schielen soll. Hans Peter Doskozil ist gerade erst als burgenländischer Landeshauptmann designiert und hätte wohl auch mit einigem Widerstand des linken Flügels zu rechnen.

Die in der Partei beliebte Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner wiederum gilt für den Posten auch nur als eingeschränkt geeignet, umso mehr als man schon bei Kern mit einem Quereinsteiger nur bedingt gute Erfahrungen gemacht hat. Als ebenso unwahrscheinlich gilt, dass der heute wieder kolportierte Medienmanager Gerhard Zeiler einen zweiten Anlauf nimmt, nachdem ihm vor 2,5 Jahren Kern vorgezogen worden war.

"Starker Kandidat für die SPÖ"

Die SPÖ-Delegationsleiterin im Europaparlament, Evelyn Regner, begrüßt, dass SPÖ-Chef Christian Kern als Spitzenkandidat seiner Partei bei der EU-Wahl antreten will. "Eine tolle Nachricht aus Wien - Christian Kern ist ein großer Europäer und steht für eine moderne Sozialdemokratie. Mit ihm hat die SPÖ einen starken Kandidaten", sagte Regner.

"Unser gemeinsames Ziel ist es, Europa nicht den Konzernen zu überlassen", so Regner. Zum angekündigten Rücktritt Kerns als SPÖ-Parteichef wollte sich Regner nicht äußern.

Strache: "Bizarre Überraschung"

Vizekanzler Heinz-Christian Strache sieht in der Entscheidung von SPÖ-Chef Kern, erst nach der Europawahl den Parteivorsitz abzugeben, einen Rücktritt auf Raten. "Ein EU-Spitzenkandidat Kern ist wahrlich eine bizarre Überraschung", sagte der FPÖ-Obmann am Dienstag am Rande seines Aserbaidschan-Besuchs zur APA.

Nach 13 Jahren als FPÖ-Parteichef sieht Strache nun auch seine Wette gegen den "kürzest dienenden Bundeskanzler der Zweiten Republik" gewonnen: "Nunmehr dürfte Kern auch der kürzest dienende SPÖ-Parteichef gewesen sein, wenn er nach der EU-Wahl - wie heute verlautbart - zurücktritt."

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