Babler, Stocker, Meinl-Reisinger

Was ist gute Politik und wie kann man sie messen?

Die Qualität der Politik hängt nicht nur vom Heldenmut der Politiker, sondern von uns allen ab.

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„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, lauten die oft zitierten Verszeilen aus Hölderlins Hymne „Patmos“ aus dem Jahr 1803. Gute Politik wächst mit der Aufgabe, reagiert auf Gefahren und schafft Sicherheit: soziale und wirtschaftliche Sicherheit, Sicherheit vor Kriminalität, medizinische Sicherheit, Sicherheit der Grenzen, militärische Sicherheit, sicheres Trinkwasser, eine sichere Umwelt.

Je größer die Unsicherheit in der Bevölkerung, desto mehr ist gute Politik gefragt. Derzeit scheint das vorherrschende Gefühl zu sein, dass unsere Zeit vielleicht die letzte ist. Immer mehr Kipppunkte im Klimawandel sind erreicht. Die Welt wird von den autokratischen Herrschern Xi Jinping und Wladimir Putin sowie dem Autokraten-in-the-making Donald Trump beherrscht. Die Europäische Union ist dabei unbeteiligter Zuschauer. Dazu wird die EU durch Regierungschefs wie Viktor Orbán (Ungarn) und Robert Fico (Slowakei) von innen geschwächt.

In der österreichischen Welt herrscht weiterhin die hartnäckigste Wirtschaftskrise der Zweiten Republik. Die Arbeitslosigkeit steigt. Die Integration der Zuwanderer will nur schwer gelingen, die Schulen funktionieren begrenzt, die Sozialsysteme sind überlastet, und auf einen Termin beim Arzt wartet man wochenlang. Kein Wunder, dass die Bürgerinnen und Bürger sich Untergangsszenarien hingeben. Das macht es der Politik noch schwieriger, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Sichtbar wurde dies bei den aggressiven Massendemonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen-Politik der Bundesregierung, bei denen einzelne Demonstranten Galgen mitführten.

Performance-Bewertung

Notwendig ist also gute Politik, die gute Nachrichten generiert. Über die allgemeinen Prinzipien guter Politik herrscht Einigkeit. Ein Auszug: Gemeinwohlorientierung, Wohlfahrt, finanzielle Stabilität, Ordnung, Transparenz, Einbindung der Bürger, Kontrolle der Macht, Gewaltenteilung, Rechtsstaat. Trivial ist die Feststellung, dass die Ansichten, wie gute Politik konkret ausgestaltet sein soll, divergieren. Finanzminister Markus Marterbauer hält Vermögen- und Erbschaftsteuern für richtige Tools im Wohlfahrtsstaat, die ÖVP sieht darin eine Schwächung des Wirtschaftsstandorts und damit der Sozialsysteme. Die Stadt Wien zahlt zur Armutsbekämpfung weiterhin höhere Mindestsicherung für kinderreiche Familien aus, die anderen Bundesländer halten dies für kontraproduktiv. Die ÖVP will die Teilzeitarbeit reduzieren, die SPÖ nicht.

Gernot Bauer

Gernot Bauer

ist seit 1998 Innenpolitik-Redakteur im profil und seit 2025 Leiter des Innenpolitik-Ressorts. Co-Autor der ersten unautorisierten Biografie von FPÖ-Obmann Herbert Kickl.